Beeindruckende Zeitgeschichte und Familiendrama, mit Auswirkungen bis in die Gegenwart. Lesenswert!

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kleinervampir Avatar

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Buchinhalt:

2000: in einem Café kommt die Kasseler Anwältin Cara durch Zufall in den Besitz eines alten Aktenkoffers. Sein Inhalt: ein Bündel Feldpostbriefe und ein alter Kaufvertrag über eine Villa in Kassel-Wilhelmshöhe. Cara stellt Nachforschungen an und reißt ein altes Familiengeheimnis auf, das bis in die Zeit des Zweiten Weltkrieges zurückreicht...

Kassel in den 1930er Jahren: die beiden Familien Kuhn und Mertens sind befreundet, ihre Kinder wie Geschwister. Als herauskommt, dass Albert Kuhn und Richard Mertens mehr als nur Freunde sind, wird eine Kette von Ereignissen angestoßen, die das Schicksal beider Familien bis in die Gegenwart verändert. Die Kuhns wandern aus und ein Proforma-Kaufvertrag macht die Mertens zu vorübergehenden Eigentümern der Kuhn'schen Villa. Doch dann verliert sich die Spur der Kuhns...



Persönlicher Eindruck:

Mit Feldpost präsentiert Autorin Borrmann einen hervorragend recherchierten Roman in zwei Zeitebenen, der den Leser mitnimmt, in eine düstere Zeit deutscher Geschichte. Es geht um zwei zunächst befreundete Familien, um Vertrauen und Hoffnung, Vertrauensmissbrauch und Verrat – und um einen schicksalsträchtigen Hausverkauf, der das Leben der Nachkommen bis in die Gegenwart beeinflusst und prägt.

Die Gegenwartspassagen befassen sich mit der Recherche, was vor fast 70 Jahren passiert und was der verschwundenen Familie Kuhn widerfahren ist – und steigert sich in einem spannenden Rennen zusammen mit den zeitgeschichtlichen Teilen zu einem fulminanten, erschütternden Schluss.

Zentraler Plot dabei ist die verbotene Liebe zwischen Albert Kuhn und Richard Mertens, die letztendlich das Schicksal aller Familienmitglieder nachhaltig beeinflusst. Beide Männer geraten in die Fänge der Gestapo, doch während Richard recht zügig wieder auf freien Fuß kommt, meint es das Schicksal mit Albert weniger gut.

Stück für Stück deckt der Leser zusammen mit Anwältin Cara und dem inzwischen über 70jährigen Richard das Schicksal der Familie Kuhn auf, wobei besagte Villa in Kassel-Wilhelmshöhe eine zentrale Rolle spielt. Ich empfand vor allem die zweite Hälfte als unheimlich packend und mitreißend und die Wendungen, die die Geschichte mehrfach nahm, hielt die Spannung bis zum Schluss hoch.

Während in der ersten Hälfte die Gegenwartsteile eher als Fremdkörper und teilweise fast störend wahrgenommen wurden, fügte sich im Laufe der Geschichte ein Puzzleteil zum anderen. Die Mischung aus historischen Zeitdokument und Familiendrama konnte mich absolut an die Seiten fesseln und sorgten dafür, dass ich das Buch letztendlich nicht mehr aus der Hand legen wollte.

Der Roman beruht auf wahren Begebenheiten, die Autorin Borrmann im Tagebucharchiv Emmendingen recherchiert hat. Vor diesem Hintergrund wird einmal mehr deutlich, welche Tragödien sich während des Zweiten Weltkriegs abgespielt haben und deren Auswirkungen bis heute sichtbar sind.

Eine absolute Leseempfehlung für eine beeindruckende und erschütternde Geschichte. Chapeau!