Dieser Roman ist spannend wie ein Krimi!

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sommerlese Avatar

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Die Anwältin Cara erfährt kurz vor Weihnachten im Jahr 2000 bei einem Kaffee von einer älteren Dame, dass sie eine gewisse Adele suche. Sie hinterlässt der überraschten Cara ein Bündel Feldpostbriefe aus dem 2. Weltkrieg und Unterlagen über den Verkauf einer Villa in Kassel zu einem symbolischen Preis. Aus Interesse beginnt Cara mit ihren Nachforschungen und deckt eine tragische, weil verbotene Liebe auf und auch einen bitteren Verrat.

"Man sagt, die Zeit heilt alle Wunden, aber das stimmt nicht. Es gibt Verletzungen, die unversorgt geblieben sind, die immer wieder aufbrechen... Auch verschwiegende Ereignisse, die wir längst vergessen glauben, ... verlangen nach erneuter Beachtung." Zitat Seite 7

Dieser fiktive Roman von Mechtild Borrmann verbindet auf spannende Weise eine gegenwärtige Handlung mit den Schrecken des Zweiten Weltkrieges und den Folgen von Gräueltaten und des Verrats aus dieser Zeit. Durch Recherchen im Tagebuch-Archiv Emmendingen wurde die Autorin auf diese wahre Geschichte aufmerksam, die sie zur Grundlage ihres Buches machte.

Bei diesem Buch haben mich die berührenden Schicksale von Anfang an gefangen genommen und ich wollte gemeinsam mit Cara herausfinden, was mit Adele geschah und und welche Gründe es für den Verkauf der Villa gab. Sehr schnell entwickelt sich eine dramatische Story, in der man in die Ereignisse aus der Vergangenheit von 1935-1945 eintaucht und wieder ins Jahr 2000 wechselt, um Caras Recherchen zu begleiten.

Der Schreibstil ist nüchtern, präzise und bringt besonders in den Dialogen die Dinge schnell auf den Punkt, die Schauplatzbeschreibungen sind schon ausführlicher und stellen bildhaft die Szenerie nach, sodass man als Leserin tiefer in das Geschehen eintauchen kann.

Nach und nach entwickelt sich eine tragische und dramatische Geschichte, die von der Freundschaft der Familien Kuhn und Martens erzählt. Nach der Machtergreifung durch die Nazis werden die Martens zu überzeugten Anhängern der Partei, doch Gerhard Kuhn kritisiert die Ansichten und das Handeln der Nazis. Als Folge seiner regimefeindlichen Haltung bleibt ihm und seiner Frau nur die Flucht ins Ausland. Um seine Kinder Albert und Adele soll sich sein Freund Martens kümmern.
Die kurzen Kapitel wechseln zwischen den Protagonisten hin und her, durch die Nennung der Namen und der Daten kann man den Geschehnissen gut folgen und wird immer wieder mit unerwarteten Wendungen überrascht. Die Briefe und Emotionen der Figuren werden nicht groß thematisiert oder überdramatisiert, sind aber aus der Handlung heraus offensichtlich und so erfährt man von einer großen Liebe, die nicht sein darf und von einem Verrat, der das Schicksal einiger Menschen besiegelt hat. Ich fand es sehr schade, dass sich die dramatischen Ereignisse zum Ende fast überschlagen und die Geschichte nicht in aller Ruhe auserzählt wird, sondern die einzelnen Schicksale wie in einer Aufzählung eher nebensächlich abgehandelt werden. Deshalb ziehe ich leider einen Stern ab.

Und wieder hat Mechtild Borrmann mit ihrem dramatischen Roman Zeitgeschichte zum Leben erweckt und mich mit einer tragischen Familiengeschichte gefesselt.