Ergreifende Liebesgeschichte in den Wirren der Zeit des Nationalsozialismus

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Kurz vor Weihnachten im Jahr 2000 sitzt die Anwältin Cara Russo in einem Café und schreibt Weihnachtsgrüße. Eine ihr unbekannte Frau bittet sie, auf einem unbesetzten Stuhl an ihrem Tisch Platz nehmen zu dürfen. Sie erzählt ihr ungefragt von einer verschollenen Bekannten. Wenig später vermutet Cara, dass die Frau das Café verlassen hat, aber ihre Einkaufstasche steht noch an ihrem Platz. Darin findet sie einen Koffer, der unter anderem Feldpostbriefe enthält. Auf ihnen basiert die Geschichte des Romans „Feldpost“ von Mechtild Borrmann.

Gerne möchte Cara die Tasche zurückgeben. In den Briefen liest sie von einer großen Liebe im Zweiten Weltkrieg. Einzig die Anschriften auf den Briefumschlägen bieten ihr einen Anhaltspunkt für die Suche nach der unbekannten Frau und auch, um vielleicht mehr über die Geschichte hinter den Briefen zu erfahren.

Immer wieder wechseln die Kapitel in die Vergangenheit in die 1930er und 1940er Jahre, in denen die Familien Kuhn und Martens im Fokus stehen. Nicht nur die Eltern, sondern auch die Kinder sind befreundet. Doch dann trennen sich ihre Wege als einer der Väter aufgrund von Sabotage verhaftet wird, während der andere längst den Nationalsozialisten beigetreten ist. Um die Flucht der Kuhns zu ermöglichen, treffen die beiden eine besondere Vereinbarung über deren Villa.

Mechtild Borrmann erzählt auf beiden Zeitebenen im Präsens, wodurch das Geschehen nah heranrückt. Mit ihrem profunden Wissen um die damalige Zeit gelingt es ihr, die Handlungen ihrer Figuren lebendig zu gestalten. Sie verdeutlicht, dass die rigide Auslegung der geltenden Gesetze und die damals herrschenden Ansichten viele Personen in Schwierigkeiten brachten und eine Gegenwehr kaum möglich war. Eine verbotene Liebe in dieser Zeit aufrecht zu erhalten, erforderte Einfallsreichtum und Organisation. Es ist bewegend davon zu lesen, dass dadurch eine andere Person in ihren Gefühlen gekränkt und schließlich wortbrüchig wurde.

Die Geschichte basiert auf wahren Begebenheiten, die die Autorin in einem Tagebucharchiv recherchiert hat. Mit diesem Wissen wirken die beschriebenen Ereignisse noch berührender. Mit und mit erfuhr ich immer mehr Details zu den offenen Fragen, die sich aus den gefundenen Briefen ergeben haben und bis zum Ende hin zu Antworten beitragen.

In ihrem Roman „Feldpost“ nimmt Mechthild Borrmann den Lesenden mit in die Vergangenheit zu einer ergreifenden Liebe, die nicht sein darf in den Wirren der Zeit des Nationalsozialismus. Hoffnung und Vertrauen stehen Schuld und Eifersucht gegenüber und vermischen sich zu einer tragischen Erzählung, die nachhallt. Daher empfehle ich das Buch gerne weiter.