Ein Inferno aus Gewalt, Macht und Geld

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romy_abroad Avatar

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Pascal Engman erzählt in "Feuerland" die Geschichten der Kommissarin Vanessa Frank und des unehrenhaft entlassenen Elitesoldaten Nicolas Paredes, die im Kampf gegen das organisierte Verbrechen unerwartet zu Komplizen werden. Vannessa hat gerade ihren Führerschein entzogen bekommen, wurde vom Dienst suspendiert und hat sich von ihrem Mann getrennt: Sie steht vor den Trümmern ihres Lebens, wobei ihr Beruf schon immer das war, was sie wirklich am Leben gehalten hat. Ihre kinderlose Ehe war mehr Beiwerk, und so hält sie auch während ihrer Suspendierung Kontakt zu Kollegen, die sie über aktuelle Fälle auf dem Laufenden halten. So auch über zwei Entführungsfälle, bei denen die Geiseln, jeweils wohlhabende Geschäftsmänner, unbeschadet gegen Lösegeld freigelassen wurden, die aber danach keine Anzeige erstattet hatten. Vanessa braucht dringend Ablenkung und stellt auf eigene Faust Ermittlungen an. Dabei stößt sie über einige Umwege auf Nicolas Paredes, der dank seiner Zeit als Soldat ein Leben ohne Vergangenheit, dafür aber mit ungewöhnlichen Fähigkeiten führt. Alles deutet darauf hin, dass er in die Entführungen verwickelt ist.
Parallel zu ihren Privatermittlungen baut Vanessa eine Beziehung zu einem Flüchtlingsmädchen auf, dessen Familie durch einen Bombenangriff ums Leben gekommen ist. Langsam lernt sie ihren eigenen Wert als Mentorin kennen und es gelingt ihr, dem Mädchen Nähe und Fürsorge zu zeigen. Doch kurz darauf verschwindet das Mädchen spurlos und Vanessa ist sich sicher, dass ihr etwas zugestoßen ist. Die wenigen Hinweise führen ins organisierte Verbrechen Stockholms und Vanessa ist auf einmal auf die Hilfe von Nicolas angewiesen, der im kriminellen Millieu die richtigen Leute kennt, und weiß, wie man die richtigen Fragen stellt.
Pascal Engman hat mit "Feuerland" einen äußerst rasanten Thriller geschrieben, in dem sich die Ereignisse regelmäßig überschlagen. Mehrere Schauplätze, Handlungsstränge und Perspektiven geben dem Leser vielfältige Einblicke und lassen ihn nie unnötig lange auf eine Auflösung warten. Die einzelnen Teile und Kapitel des Buches sind recht kurz gehalten, wodurch ich manchmal den Eindruck hatte, dass man zu schnell von Handlungsort zu Handlungsort springt um diese wirklich wahrzunehmen, wirklich dort anzukommen und zu begreifen, was passiert. Teilweise scheint der Autor beinah eine Checkliste an Auseinandersetzungen, Konflikten und Entwicklungen abzuarbeiten, sodass diese kaum Zeit haben, sich zu entfalten und ihre Auswirkungen zu entwickeln. Manchmal fehlt mir deshalb die Liebe zum Detail, das Einfangen von Atmosphären und Stimmungen, das ein Buch zu etwas ganz Besonderem macht und den Leser in eine andere Welt entführt. Außerdem trieft die Erzählung zu so von Gewalt: Schießereien, Vergwaltigungen und Folter sind an der Tagesordnung, wer hier lieber keine Details erfährt, verzichtet also besser auf diese Lektüre.
Auch bleiben rückblickend einige lose Enden und offene Fragen, das Ende der Geschichte ist irgendwie nicht ganz rund. Dadurch fühlt man sich als Leser des magischen Moment beraubt, indem es Klick macht und sich alle Teile zu einem großen Ganzen zusammenfügen. Dafür wird hier zu früh zu viel verraten um am Ende eine große Enthüllung zuzulassen.
Insgesamt ist "Feuerland" von Pascal Engman trotzdem sehr spannend, es geht ordentlich zur Sache und die zentralen Charaktere sind plastisch und heben sich voneinander ab. Einen Stern muss ich allerdings wegen der ständigen Gewalt, die mir maßlos vorkommt, und dem Gefühl der Eile beim Lesen abziehen. Wer brutale Thriller liebt wird hier auf seine Kosten kommen!