Ein wunderbares Buch über Armut und Scham - und über eine Freundschaft, die unbezahlbar ist

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lesezauber_zeilenreise Avatar

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Nits (eigentlich Nityananda, halb Inder) und Mischa sind beste Freunde seit dem Sandkasten. Sie sitzen in der Klasse nebeneinander und verbringen viel Zeit zusammen. Eines Tages fällt Nits auf, dass Mischa, der immer korrekt und strebsam ist, seinen Klassenlehrer anlügt. Kurz darauf stellt er fest, dass Mischa auch ihn selbst angelogen hat und seine Welt gerät ein bisschen ins Wanken. Er stellt Mischa zur Rede und so nach und nach zeigt sich, dass Mischas Leben so ganz anders ist, als das von Nits. In seiner Wohnung (in die Mischa Nits bis jetzt nie eingeladen hat) gibt es kaum Möbel, sie kaufen bei der Tafel ein, er läuft immer in ziemlich abgerissenen Klamotten herum. Nits fragt sich, wie er das die ganze Zeit übersehen haben kann. Und warum Nits Mischas Mama noch nie gesehen hat, sondern nur den in seinen Augen ziemlich coolen Dad, hat auch einen Grund. Als dieser Dad in Schwierigkeiten gerät und das Jugendamt quasi schon vor der Tür steht, gilt es, zusammenzuhalten. Nits beweist, dass eine Freundschaft wichtiger ist, als alles andere.

Dass Kinderarmut auch in unserem reichen Deutschland leider keine Ausnahme ist, wissen wir alle. „Feuerwanzen lügen nicht“ dreht sich um dieses Thema und behandelt es mit einer Direktheit, die wehtut, aber auch mit einer Wärme, die Hoffnung macht. Mischas Scham geht unter die Haut und seine Art, mit der Situation umzugehen ebenso. Nits Gefühlswelt wird einmal über den Haufen geworfen und wie er es schafft, diesen Haufen wieder glattzuziehen, mit welchem Vertrauen und Mut er das angeht, seine Erkenntnisse darüber, wie privilegiert er mit einer ganz normalen Familie ist und wie glücklich er sich schätzen kann – das ist wirklich berührend. Genau so wie seine Freundschaft zu Mischa, die ihm so wichtig ist wie kaum etwas anderes.
Zum Ende hin wandelt sich das Buch in einen kleinen Kinder-Krimi, was frischen Wind reinbringt und nochmal ordentlich spannend ist.

Der Schreibstil ist recht außergewöhnlich. Nits ist ein Sprücheklopfer, reimt gerne und rappt schon fast. Diese „Reime“ findet man immer wieder im Buch und das passt einfach gut, auch wenn es anfangs ein bisschen seltsam war. Jedes Kapitel beginnt zudem mit einem gereimten Spruch/Rap über Tiere. Die Sprüche ziehen sich durch das ganze Buch und passen einfach super! Das Buch lässt sich gut und schnell lesen, es ist so fesselnd geschrieben, dass ich es fast in einem Rutsch durchgelesen habe. Die Charaktere (nicht nur Nits, Mischa und Amy – sondern alle) sind detailliert und herrlich lebendig beschrieben, so dass man jeden förmlich agieren sehen kann.

Ein Buch, das zu Herzen geht, wichtig ist, zum Mitfiebern und unheimlich gut zu lesen. Voller Gefühl, Witz, Wärme und Spannung ist es nicht nur für Kinder ab 11 Jahren eine tolle Lektüre (und vielleicht ein kleiner Augenöffner, ein Anstoß, vielleicht manchmal etwas genauer hinzusehen), sondern auch für ältere und Erwachsene.
Ganz klar: 5/5 Sterne.