Ratten sind ...

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... offenbar genauso, wie all die Vorurteile sie beschreiben. Aber wirklich alle? Nein! Die dreizehnte jeden Wurfs einer Mutter mit nur zwölf Zitzen, ist anders. Muss anders sein, wenn sie nicht benebelt vom Alkohol in irgendeiner Ecke ihren Rausch ausschläft oder vollgefressen bis oben hin ist. Sie muss vor allem auch anders sein, wenn sie neugierig ihre Umgebung inspiziert und bald merkt, dass sie tatsächlich lesen kann. Noch mehr muss sie es sein, wenn sie überleben will. Das vor allem in einer grauen, stupiden Welt, von der sie so eng umgeben ist, wie von jener schon früh erwähnten Balkonbalustrade. (Nur ein bisschen schnüffeln und einen kurzen Blick in die Weite des Lebens anderer...) Man beachte auch die Ironie, in einem kleinen, staubigen und eigentlich unschönen Raum aufzuwachsen, der aber doch so reich ausgeschmückt ist. Manchmal muss man eben genauer hinsehen und so viel kann einem da entgehen, wenn man nicht aufpasst. Der Autor hat es gut verstanden, in das Buch einzusteigen. Viele Zitate aus Klassikern der Weltliteratur verraten, dass ihm selbst - oder sollte ich sagen Firmin? - diese Bücher nicht fremd sind. Überhaupt macht das Lesen eines Werkes viel mehr her (und Spaß), wenn man sich anschaut wer und in welcher Phase seines Lebens es geschrieben hat. (An dieser Stelle darf man sicher auch gespannt sein, wann Firmin diesen Drang verspürt, sein Leben aufzuschreiben, wo er doch SO intensiv nach dem ersten Satz sucht.) Mir gefielen die ersten beiden Kapitel sehr und ich denke, ich werde mir das Buch gern anschaffen. Zum einen mag ich die "Ich-Perspektive" sehr und zum anderen finde ich den Anfang sehr feinsinnig. Dafür muss man nun auch eine kleine Antenne haben, sonst kann das alles schon, da pflichte ich bei, etwas langatmig werden. Aber es steht auch so viel zwischen den Zeilen. Wie Firmin (und der Autor) uns schon auf den ersten Seiten vermitteln will, so steckt manchmal in nur einem einzigen Satz eine ganze Geschichte. Das ist Kunst! (Und eben nicht Fernsehen, sondern Literatur.) Die verwendete Sprache überzeugt, ist an den richtigen Stellen intelligent, grob (ein bisschen derb), ehrlich und gekonnt in Szene gesetzt. Die Leseprobe macht auf jeden Fall Lust auf mehr.