Aus der Traum...

Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
eskalina Avatar

Von

Ratten haben im Allgemeinen eine Lebenserwartung von zwei bis drei Jahren, und genau so lang wurde mir die gefühlte Lesezeit dieser 214 Seiten. Obwohl ich tatsächlich nur 2 Tage in meiner Freizeit mit diesem Buch verbrachte, so kam es mir vor, wie solch ein Rattenleben, denn Firmin hatte auf mich eine besondere Wirkung: Er hat die Zeit ausgedehnt und mir das Gefühl gegeben, das Buch würde niemals enden. Immer wieder habe ich mich beim Lesen gefragt, wann der Protagonist denn nun mit seinen endlosen Monologen aufhören würde, zu welchem Zeitpunkt er zu leben beginnen würde, statt unablässig in Tagträumen zu schwelgen, doch nichts geschah.

Diese Ratte, die jegliche Ratteninstinkte vermissen lässt und sogar Rattengift frisst, oder bei Gefahr nicht flieht, scheint ein neues medizinisches Phänomen zu sein: Nicht ein Mann im Körper einer Frau oder eine Frau im Körper eines Mannes – Nein, ein Mensch (ein Bibliothekar, eventuell ein Philosoph) im Körper einer Ratte - sein Pech, dass man hier noch nicht mit einer Operation helfen kann.

Während der ganzen Geschichte habe ich mich bemüht, Sympathie für diese tragische Gestalt zu empfinden, habe versucht, mich in die Figur hineinzuversetzen, was mir schon bei Trollen, bösen Dämonen und Gregor Samsa gelang, doch vergebens – Firmin war für mich einfach nicht glaubwürdig, wirkte immer erdacht und als künstliches Hilfsmittel, die philosophischen Gedanken seines Schöpfers Sam Savage zu verkünden.
Man kann sicherlich einen tiefen Sinn in diesem Buch suchen und für sich finden, doch letztlich wird man nur in sich selbst fündig, und daher kommt dann auch meine herausgelesene Moral von der Geschichte: das aufgeben und abwenden von der Realität nicht lohnt, da man sonst mit seiner Traumwelt untergeht.

Ein Buch, das leider nicht meinen Geschmack getroffen hat.