Das Leben ist ein Buch, erkennt die Leseratte

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silke porath Avatar

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"Übrigens muss man nicht alle Geschichten glauben, um sie lieben zu können. Ich liebe alle Geschichten". Sagt Firmin. Der einen Hängebauch hat udn ein fliehendes Kinn. Der in einer Bostoner Buchhandlung lebt. Und der... eine Ratte ist.

Sam Savage erschafft in seinem ersten Roman die Welt einer an "Biblio-Bulimie" leidenden Ratte. Geboren mit 12 Geschwistern im Keller von Pembroke Books, besteht Firmins erste Nahrung aus Papier. Die Ratte nagt sich durch Lexikas und Dostojewski, verzeht Mann, schnabuliert an Alice im Wunderland... irgendwann beginnt Firmin, die Texte neben seinen Bohrlöchern zu lesen.

Und: Firmin träumt die Bücher. In seinen Träumen lässt die schmächtige Ratte Helden überleben, lässt Liebende zueinander finden. Im weit verzweigten Kanalsystem des Hauses entdeckt er schließlich den Weg nach oben - in die Buchhandlung. Und die ist genau das, was ein passionierter Leser zu finden hofft: "... war der Einkauf bei Pembroke Books so etwas wie Lesen: Man wusste nie, was einen auf der anderen Seite erwartete - im nächsten Regalfach, im nächsten Stapel, in der nächsten Kiste Und genau das gehörte zum Spaß an der Sache. (...)"

Sam Savage gelingt ein Kunststück: der promovierte Philosoph erschafft mit Firmin einen Charakter, der in so vielem jenen Menschen gleicht, die nichts mehr lieben, als Bücher. Und: mit all den Werken, durch die Firmin sich nagt, legt Savage Spuren aus. Zu Werken, die zu lesen lohnt.

Firmin ist ein Märchen. Zuweilen traurig, zuweilen zum Lachen. Immer aber zauberhaft. Und dabei eines der schönsten Bücher über das Lesen, das Leben und die Liebe.