Firmin, ein verkannte Held

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anonymous Avatar

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Sam Savage lässt in seinem Buch die Ratte Firmin ihr Leben erzählen. Firmin kommt im Keller einer Buchhandlung zur Welt, in den zu Schnippeln verarbeiteten Seiten von James Joyces „Finnegans Wake“, dem, so sagt Firmin, „ungelesensten Meisterwerk der Welt“. Als Schwächster des Wurfes muss er sich von den Seiten der vielen Bücher in dem Keller ernähren und dies bleibt nicht ohne Folgen, denn sein Intellekt wächst durch den Verzehr der Literatur. Er entdeckt, dass er lesen kann und bald beginnt er, sich durch sämtliche Bücher zu lesen, die er in die Pfoten bekommen kann, was nicht ohne Auswirkungen auf sein Leben bleibt.

Ich muss gestehen, das Buch war anders, als ich es erwartet hatte. Im ersten Augenblick wirkt Firmins Geschichte wie eine süße Erzählung über eine kluge Ratte, die in einer Buchhandlung die faszinierende Welt der Literatur entdeckt und sich in die Welt der Menschen träumt. Doch Sam Savage betreibt keine rosarote Gefühlsduselei. Er beschreibt vielmehr die harte Realität, ob sie nun Menschen betrifft oder Ratten. So ist z.B. Firmins Mutter Flo keine niedliche, fürsorgliche Rattenmutter. Sie ist fett und sie säuft und schert sich wenig um ihre Kinder. Firmin selbst ist das schwächste von ihren 13 Kindern und muss, allein um überleben zu können, die Papierschnipsel ihres Nestes fressen, was schließlich zur „Büchersucht“ führt, aber auch seine Intelligenz weckt, aber sein Leben auch nicht unbedingt immer glücklich macht. Dass das Buch nun bei weitem keine düstere, frustrierende Geschichte ist, sondern trotzdem charmant und auch amüsant ist, liegt an Savages wundervollen, tiefsinnigen Humor und an seiner Liebe zur Literatur, die dieses Buch verströmt. Ein lesenswertes und nachdenklich stimmendes Werk!