Märchenhafte Schilderung einer alten Teppichkunst

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
gela_hk Avatar

Von

Ein Teppich landet auf dem Tisch von Faserarchäologin Mia Sund. Eigentlich nicht alt genug, um ihr Interesse zu wecken. Doch die einzigartigen Farben und Muster ziehen sie in ihren Bann und schon bald befindet sie sich auf einer Spurensuche, die sie bis nach Zagreb und in die Vergangenheit führt.

Karin Kalisa hat sich von der Geschichte der pommerschen Fischer im Jahr 1929 für ihren Roman inspirieren lassen. Ähnlich wie die damaligen Fischer Fäden zu Teppichen geknüpft haben, webt die Autorin ihre zarten und wunderschön poetischen Worte in einen Roman. Die Protagonistin Mia Sund entfaltet ihren Charakter ebenso langsam, wie sie selbst die Schönheit des Teppichs erst nach und nach erfasst.

Durch einen zufälligen Wechsel der Blickperspektive erkennt die Archäologin das besondere Wunder des Fischerteppichs. Unzählige Muster und Farbspiele durchziehen das Bild.

"In einem sehr langsamen Prozess, wie durch Augen gesehen, die eine massive Adaptionsschwäche haben, bildeten sich weitere Konturen heraus, versanken, tauchten wieder auf: Fische in winzigen Dreier-, Vierer- und Fünferschwärmen, Seesterne, aber auch vogelartige Wesen, seltsame Blumen- alles auf berückende Weise winzig. ... Eine Miniaturunterwasserwelt - viele Faden tief."

Obwohl die zurückgezogen lebende Mia bisher jede Dienstreise abgelehnt hat, macht sie sich auf die Suche nach der Teppichknüpferin Nina, die dieses Fadenwunder geschaffen hat. Ihre Spur führt sie nach Freest an der Ostsee bis nach Zagreb zu einem besonderen Mann in einer Teppichwerkstatt.

Durch wechselnde Zeitebenen und darin handelnde Protagonisten hat man das Gefühl, dass sich die Geschichten immer mehr zu einer neuen eigenen märchenhaften Geschichte verbinden. Vergangenheit und Gegenwart werden unwichtig. Das Leben und die Kraft, es zu genießen, rücken in den Vordergrund. Die Archäologin wechselt vom Berichtstil in einen Erzählstil und nimmt den gefundenen Faden auf und webt etwas Eigenes, Kraftvolles hinein.

Dieser Roman entschleunigt durch den wunderbaren Schreibstil und öffnet die Augen für kleine Details. Er lässt die Lesenden nicht nur in die geheime Welt der Teppichknüpfkunst eintauchen, er macht auch neugierig auf die wahren Begebenheiten, die die Fischer 1929 zu Teppichknüpfern werden ließen.