Wie ein Teppich gewebt

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nathalielamieux Avatar

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Dies ist ganz klar ein Fall von Coverliebe gewesen. Zwei Frauen, die in verschiedene Richtungen blicken und dabei die verschiedenen Farben des Meeres zeigen, das erweckte in mir Bilder der vielfarbigen blau-grünen Bretagne. Mit dem Meer lag ich richtig, mit dem Ort nicht. Denn in Fischers Frau von Karin Kalisa geht es um die baltische See. Die eine Frau ist Mia Sund, eine Faserarchäologin der Gegenwart. Sie bekommt einen etwa 100 Jahre alten Fischerteppich zur Echtheitsprüfung vorgelegt. Damit beginnt eine spannende Reise – nicht nur in ihre eigene Vergangenheit, sondern Mia macht sich auch auf eine Forschungsreise in die Vergangenheit. Dabei erfahren wir die Geschichte der pommerschen Fischerteppiche, die 1928 an der südlichen Ostsee entstanden. Ein dreijähriges Fangverbot verdammte die Fischer dazu, arbeitslos an Land zu bleiben. Sie besonnen sich auf das, was sie noch können, wenn Fische ausfällt: Knoten knüpfen. So rief man einen österreichischen Tapisserist, der sie Teppichknoten lehrt: Senneh und Smyrna. Sie knüpften Teppiche, die die Welt der See zeigen, Schiffe, Seepferden, Fische. Die sogenannten „Perser von der Ostsee“ entwickelten sich zum europaweiten Verkaufsschlager. Mia macht sich nun nach zwölf Jahren zum ersten Mal auf zu einer Forschungsreise und reist dem Teppich hinterher. Denn auch ihr Fischerteppich weist die Elemente der Gattung auf, ist jedoch ganz besonders. Während die Fischerteppiche meist das Braun der Umgebung zeigten, schimmert ihrer in Hunderten Grüntönen, die Schiffe darauf haben seltsame Flaggen, kleine Details sind verwunschen wie Wellen in den Augen der Fische und auch eine ornamentale Borte ist nicht das, was sie scheint. Ihre Neugier ist so stark, dass sie aus ihrer Zurückgezogenheit ausbricht und tatsächlich die Knüpferin des Teppichs aufspürt. Die Geschichte dieser Frau aus der Vergangenheit wird ebenso erzählt und spielt mit der alten Geschichte des Fischers und seiner Frau.

Dieses Buch ist gut erzählt, es verwebt die Zeit- und Erzählebenen wie einen Teppich. Die Sprache weist viele Einschübe und Gedankensprünge auf, wie die geknüpften Knoten. Das ist nicht immer einfach zu lesen, macht aber Spaß.
Das Sujet der Fischerteppiche war für mich neu, ich schaute mir Bilder davon an und bin ganz begeistert, dass ich etwas neues lernen durfte, was zugleich die Fantasie so anregt, sich die besonderen Teppiche dieses Buchs vorzustellen.