Ich dachte ständig - I LIKE HOW YOUR BRAIN WORKS

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In die Geschichte musste ich mich erst einfinden, aber von der Sprache war ich sofort gepackt.
Wenn ich Sterne oder Punkte vergeben würde, Fischtage bekäme 5/5 dafür, mich sprachlich komplett abgeholt zu haben! Ich musste mehrfach laut auflachen und wollte am Rand kleine Lachsmileys malen (so mit Doppelpunkt und großem D).

Ellas Eltern sind hauptsächlich self absorbed und ganz schön ätzend, weshalb die beiden auch wenig in Panik geraten, als ihr Bruder plötzlich verschwindet.
Mit Sorge und auch ganz viel Wut im Bauch, was sowas wie der signature move von Ella ist, macht Ella sich alleine auf die Suche. Für diese Zeit kann sie in der Schrebergartenlaube des alten Eckards bleiben, ein dementer Nachbar und Freund (wobei Ella eigentlich keine Freundschaft mehr haben will, aus Angst einer ihrer Wutanfälle könnte diese zerstören).
In dieser Laube steht eine Plastikfisch-Plakette und dieser Fisch kann reden. Klingt erstmal weird, ist es auch, aber somehow it works.
Ab da ist es eine Abenteuergeschichte mit Alditüte und persönlichem Alarmsystem unterm Arm, nur dass man auf Abenteuer ja meistens Lust hast und nicht zum Abenteuer gezwungen ist, weil jemand vermisst wird.

Die ersten hälfte des Buchs fand ich super. Besonders das Kapitel „Agnes“ war mein Highlight, das funktioniert auch alleine als Kurzgeschichte perfekt. Danach hat mich der Plot zeitweise etwas verloren, aber ich war zu dem Zeitpunkt schon so involved in die Charaktere, dass ich unbedingt weiterlesen wollte.

Generell ist die Geschichte ein bisschen abstrus, was ja gut funktionieren kann. Es gibt ein paar Abzüge in der B-Note, z.B. gibt es einen sexuellen Übergriff, der mich sehr hilflos zurückgelassen hat und der nicht hätte sein müssen oder zumindest nicht so nebenbei. Mit dem Ende war ich irgendwie unzufrieden, aber vielleicht hat mir auch nur Ella beigebracht, bisschen öfter wütend zu sein.

Ella, für ihre 16 Jahre sehr abgeklärt, frech und mit „losem Mundwerk“ (irgendwer aus meiner Familie hätte sie so beschrieben), die sich selbst in die Einsamkeit katapultiert aber eigentlich so viel zu geben hat, hat mich auf jeden Fall schnell gewonnen. Ella ist im Selbstschutz-Modus, hält alle leicht auf Abstand. Aber diese Abwehr und ihre unkontrollierbare Wut sind bei dieser Familie (mal so aus psychologischer Sicht) auch nicht unverständlich. Und doch scheint ihre Verletzlichkeit und ihr Wunsch nach Bindung immer wieder durch.

Ich dachte so oft „I like how your brain works“ und das geht natürlich am Ende vor allem an Charlotte Brandi.