Gänsehaut ist garantiert!

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
cellissima Avatar

Von

"Flammenrad" ist der Auftakt einer Trilogie für junge Leser im Alter von 11-13 Jahren. Empfohlen wird es für junge Krimifans - aber ich würde es eher und passender als Mystery, Thriller, Grusel, Spuk bezeichnen. Krimielemente sind vorhanden - ebenso aber auch schon Horror-Elemente.
Alle drei Bände spielen in Schweden, am Meer. Es geht um drei Freunde, und jeder von ihnen wird in einem der Bände im Mittelpunkt stehen.
In diesem ersten Band geht es vor allem um Heidi. Ihre Eltern haben sich getrennt, ihre Mutter ist nach Deutschland gezogen. Ihr Vater und seine neue Partnerin bekommen ein Baby, und gemeinsam wohnen sie in einem Haus.
Doch es passieren seltsame Dinge: unter dem Dielenboden findet man einen alten Kinderschuh und eine alte Rassel; Regen und Gewitter wollen gar nicht mehr verschwinden; Heidi ist sich sicher, dass nachts ständig jemand im Haus ist, ganz nah; ihre Oma ist ganz verändert und hat große Angst; die schwangere Jennifer wird immer müder.
Irgendwann keimt in den Kindern der Verdacht, dass es vielleicht Bill ist, der kürzlich mit seinem Riesenrad nach Hovenäset kam und im Gästezimmer von Heidis Haus wohnt. Denn all diese Dinge geschehen erst, seit er da ist. Und dann erfährt Heidi von ihrer Oma, dass vor langer Zeit etwas Schreckliches geschah und es sich wiederholen wird, wenn sie Bill nicht aufhalten und dafür sorgen, dass er schnellstmöglich mit seinem Riesenrad verschwindet. Doch das ist gar nicht so einfach, da die Erwachsenen Heidi und ihrer Oma keinen Glauben schenken ...
Wird es Heidi und ihren Freunden gelingen, Bill aufzuhalten und ihre Familie vor dem großen Unglück zu bewahren?
******
Eigentlich hat das Buch 5 Sterne verdient, und eigentlich würde ich die auch von Herzen gerne vergeben - dass ich es nicht tue, liegt an ein paar Kritikpunkten, die dazu führten, dass "Flammenrad" doch leider nicht hundertprozentig überzeugen konnte.
Kristina Ohlsson´s Schreibstil ist toll, der liest sich richtig gut! Sowohl für die Zielgruppe als auch für Erwachsene. Die Geschichte ist richtig atmosphärisch, sie besticht durch ihre mysteriöse und unheilvolle Grundstimmung - und ständig geschehen Dinge, die alles noch mysteriöser machen. Auch Erwachsene können sich noch herrlich gruseln bei dieser Geschichte.
Schnell entsteht eine extreme Sogwirkung, der man sich kaum entziehen kann, sodass man das Buch kaum noch aus der Hand legen kann, weil man unbedingt wissen möchte, wie alles weitergeht und endet. "Flammenrad" ist richtig spannend.
Ganz nebenbei geht es auch um Scheidung, Trennung von der Mutter, das Gefühl, sich vernachlässigt und unerwünscht zu fühlen, die Demenz der Großmutter ... das alles hat die Autorin stimmig eingewoben. Man hatte nie das Gefühl, dass es störend ist oder dass die Autorin zu viele Themen reinpacken wollte.
Auch die Figuren sind gelungen. Und das Buch passt auch perfekt in die kalte und dunkle Jahreszeit, gerade jetzt auch vor Halloween.
Ich muss aber sagen, dass es stellenweise einfach etwas too much war für die Zielgruppe (ich denke da an die Särge, das Anzünden, das Ertränken ...).
Natürlich kommt es immer auf das jeweilige Kind an - aber ich würde allen Erwachsenen raten, das Buch vorab zu lesen und individuell zu entscheiden, ob bzw. wann es einem Kind überlassen wird. Oder es gemeinsam zu lesen. Wir haben es tagsüber zusammen gelesen, auch, um immer wieder über das Gelesene zu reden, was ich auch aus anderen Gründen wichtig finde.
Was mir ebenfalls nicht gefallen hat, ist die Tatsache, dass es auch um Angst und Aberglaube geht, genauer: dass, wenn das, was der Aberglaube vorgibt, befolgt wird, die Gefahr gebannt ist. Angst, Aberglaube und Abhängigkeit werden also bestärkt. Finde ich nicht gut. Menschen aller Altersklassen sollten davon wegkommen, statt noch darin bestärkt zu werden. Und gerade bei Kindern finde ich das dann auch wirklich problematisch.
Weiterhin gab es ein paar Logik-Widersprüche. Auch wurden Dinge, die nicht stimmig waren, nicht aufgelöst, es gab keine Erklärung, keine Auflösung, und so blieben auch sie unklar.
Schließlich waren wir mit dem Ende alles andere als glücklich. Es ist zu offen und lässt den Leser leider zudem mit einem Gefühl der Beklemmung zurück. Das empfand schon ich als Erwachsene so, und ich denke, dass die Zielgruppe noch mehr daran zu knabbern hat. Das Kind, mit dem ich das Buch gelesen habe, war auch enttäuscht und unruhig und hätte sich ein anderes, positiveres, endgültigeres Ende gewünscht.
Daher leider keine Höchstbewertung - dennoch ist "Flammenrad" ein toller Auftakt; wir wollen und werden die Reihe definitiv weiterlesen.
Wir würden es allen Kindern, die Spannung, Grusel, Spuk, Gefahr, Geheimnisse, Geschichten über Freunde, Rätsel, die sie lösen müssen, mögen und auf der Suche nach einem schaurigen und düsteren Buch für kalte und dunkle Herbst- und Winterabende sind, empfehlen - wenn das jeweilige Kind wirklich schon bereit für diese Lektüre ist und man gegebenenfalls zusammen liest und darüber spricht.
Und es ist definitiv ein Buch, bei dem auch Erwachsene auf ihre Kosten kommen. Ich habe mich keine Sekunde gelangweilt, sondern "Flammenrad" sehr gerne gelesen.