Fliegen lernen

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mianna Avatar

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In dem Roman "Fliegen lernen" von Renée Karthee wird die starrsinnige Richterin Gerit Liebke beschrieben, die mit ihren 45 Jahren ein geordnetes, einsames Junggesellinenleben führt. Nach einem Zusammentreffen mit der obdachlosen, noch starrsinnigeren Sonja, die (ärgerlicherweise und ohne die Übernachtung zu bezahlen) im Hausflur übernachtet, nimmt die Geschichte ihren Lauf. Ungewollt begegnen sich die Beiden immer wieder und lernen sich mit der Zeit kennen. Dabei wechseln sich Phasen großer Auseinandersetzungen mit der Entscheidung getrennte Wege zu gehen mit Phasen des Gleichklangs, der gemeinsamen Übereinstimmung ab. Ärger und Verbundenheit entsteht als beide feststellen, dass sie einen gemeinsamen Geliebten hatten.
Der Roman ist amüsant zu lesen und ist im Großen und Ganzen interessant geschrieben. Die Dialoge zwischen den beiden Frauen, eine starrsinniger als die andere, sind teilweise urkomisch. An der Bescheibung der Charaktere hat mir gefallen, dass beide Frauen mit der Zeit immer klarer und vielschichtiger dargestellt wurden. Die vernunftliebende Gerit und die lebendig sprudelnde Sonja wirken eigenwillig und symphatisch. Dazu kommt die klare, einfache Sprache und die vielen kreativen Metaphern, die den Humor gut rüber bringen.
Die Geschichte hat in der Gegenüberstellung der herzlosen Richterin und der gefallenen Obdachlosen eine sehr plakative Grundidee. Die vielen Wendungen sind unerwartet und erscheinen unrealistisch. Dazu kommt, dass Sonja und Gerit sich wegen der Erfahrung mit dem gemeinsamen Geliebten verletzt zurückgezogen haben und sich nun gegenseitig aneinander aufrichten, sodass beide schlussendlich ein glückliches Leben führen.
Der Spannnungsbogen der Geschichte ist hierbei praktisch nicht vorhanden, sodass die Geschichte ohne große Aufregungen dahinfließt und der Leser sich die Motivation vielleicht eher in den humorvollen Dialogen suchen muss. Das harte Anfangsthema der Obdachlosigkeit stellt sich eingebettet in diesen Roman leicht verdaulich dar.
Womöglich macht das alles ein nettes Urlaubsbuch aus.