Die Familie ist alles, egal was passiert

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girasole Avatar

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Flucht in die Schären ist der mittlerweile 9. Band mit Thomas Andreasson und Nora Linde.

Dieser Thriller beginnt nicht mit einer Leiche und der Suche nach dem Täter, sondern der Leser ist Zeuge einer unsagbaren Flucht. Mina Kovac mit ihrem drei Monate alten Sohn Lukas flieht vor ihrem gewalttätigen Ehemann Andreis und seinen Freunden. Andreis Kovac steht bei den Behörden bereits im Fokus von Ermittlungen hinsichtlich Drogen, Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Aktuell haben die Behörden – und hier Nora Linde - einen anonymen Hinweis erhalten.

Die Story wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Zum einen in Rückblicken auf den Balkan Anfang der 90er Jahre als das Dorf, das Haus und die Familie Kovac in den Strudel des Krieges gerieten. Jeder von uns kann sich an diesen Krieg erinnern und auch an die Gräueltaten, die hier durchaus detailliert beschrieben werden. Am Ende gelingt der Familie die Flucht nach Schweden.

Der zweite Strang behandelt die Gegenwart, als eben dieser Andreis Kovac als mittlerweile erwachsener Ehemann seine Frau nicht nur einmal verprügelt und mißhandelt, sondern immer wieder und sie dermaßen einschüchtert, daß Mina aus Angst jedes Mal wieder bei ihm bleibt - das vor allem wegen ihres Sohnes. Aber irgendwann ist das Maß voll und sie schafft nach einem Krankenhausaufenthalt und mit Unterstützung der Polizei den Absprung ins Frauenhaus. Nur Andreis gibt nicht auf, denn die Familie ist für ihn alles. Aus seiner Kindheit erinnert er sich an den Satz seines Vaters „Wir sind eine Familie und halten zusammen, ganz egal was passiert“ und so setzt sich die Hetzjagd fort bis zum bitteren Ende. Als auf dem Weg dahin noch eine Leiche auftaucht, wird Thomas eingeschaltet. Nora und Thomas arbeiten wieder zusammen und gehen ein großes Risiko ein. Wie es ausgeht, das muß jeder selbst lesen!


Nachdem mich bereits Band 7 (Tödliche Nachbarschaft) nicht überzeugen konnte, hatte ich beim 8. Fall (Mörderisches Ufer) den Eindruck, daß die Autorin zu ihrer alten Form zurückgefunden hat. Leider muß ich nach dem Lesen des vorliegenden Thrillers feststellen, daß die Autorin in diesem 9. Fall mit seiner ganzen sowohl physischen als auch psychischen Brutalität bei mir nicht punkten konnte. Die Geschichte hat sich ohne Frage rasant und temporeich lesen lassen. Die Rückblicke zu den Grausamkeiten des Balkankrieges und die Gegenwart mit den Brüdern Andreis und Emir Kovac waren mir persönlich zu brutal, das war ich in dieser Form von der Autorin nicht gewohnt. Wobei außerdem die Kriegstraumata keinesfalls Entschuldigung für die Taten sein dürfen. Mit Mina Kovac musste ich mitleiden und ich fand diesen Teil der Geschichte erschütternd. Wobei ich auch zu denen gehöre, die die Nachgiebigkeit der Frauen nicht nachvollziehen können. Außerdem fand ich es unrealistisch und dumm, daß sie ihr eigenes Handy weiterhin benutzt hat, denn auch ihr hätte Handyortung ein Begriff sein müssen.

Das Privatleben von Thomas und Nora spielt im vorliegenden Buch keine besonders große Rolle, so daß Neueinsteiger kein Problem damit haben werden in die Geschichte hineinzufinden.

Positiv erwähnen möchte ich, daß der Verlag die Covergestaltung und Buchgröße bei allen Bänden beibehalten hat.

Dieser Thriller ist für mich auf jeden Fall spannend, aber auch brutal, eindringlich und erschütternd. Er unterscheidet sich m. E. total von den Vorgängern und es werden nur die eine Lesefreude entwickeln, die Krimis der härteren Gangart bevorzugen, denn dieses Buch ist nichts für zart Besaitete. Auch das Lektorat hätte an einigen Stellen gründlicher sein dürfen. Ich werde jetzt abwarten, was die Autorin als Nächstes abliefert, um zu entscheiden, ob ich ihr treu bleibe!