Ein Abenteuerroman der anderen Art

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didier2134 Avatar

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Eugenia Errázuriz? Jean-Michel Frank? Diese Namen hatte ich noch nie gehört.
"Jana Revedin erzählt die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft zwischen Paris, Buenos Aires, Patagonien und New York" verspricht die Rückseite des Buchcovers von "Flucht nach Patagonien". Am Schwarz-Weiß-Titelfoto winkt eine Frau, gekleidet im Stil der 1930er/40er Jahre, an der Reling eines Schiffes stehend, einem im Hintergrund angedeuteten Passagierdampfer zu.
Meine Neugierde an dieser Geschichte war geweckt, hat mir doch auch schon Jana Revedins Roman "Margherita" sehr gut gefallen, ihre Sprache und die sorgfältige Recherche ihrer Arbeit (Literaturverzeichnis im Anhang). Vorweg: meine Erwartungen wurde sogar übertroffen.

Eugenia Errázuriz, geboren in Chile, kam als junge Frau nach ihrer Heirat nach Europa, in Paris wurde sie schließlich zur wichtigsten Kunstmäzenin der Pariser Moderne. Ihr Motto: Eleganz heißt Weglassen. Die Namen der Männer und Frauen aus Literatur, Malerei und Mode, deren Karrieren sie förderte, sind wohlbekannt: Chanel, Picasso, Cocteau, Cendrars, um nur einige zu nennen. Aber auch Flugpionierin Amelia Earhart zählte zu ihren Schützlingen. Wer sich für diese Kulturszene nicht interessiert, wird hier wahrscheinlich nur langweiliges Name-Dropping finden. Ich hingegen war fasziniert von der Kunstfertigkeit und Kreativität dieser Persönlichkeiten, die unterstützt durch Eugenias Geschmack und Großzügigkeit Großartiges leisten konnten.

Der zweite Protagonist ist Jean-Michel Frank, Zeit seines Lebens an den Folgen seiner Erkrankung an Kinderlähmung im vierten Lebensjahr leidend und depressiv, jüdischer Herkunft und homosexuell. Eugenia, Freundin seiner Mutter, hilft ihm sein Talent zu entwickeln, er arbeitet sich zum erfolgreichen Innenarchitekten empor. Die beiden verbindet eine besondere Freundschaft. Als die Zeiten sich ändern, nimmt Eugenia Frank im Februar 1937 mit nach Patagonien, wo er das von ihr projektierte erste Grandhotel der Anden ausstatten soll. Seine beruflichen Kontakte nutzt er auch zur Fluchthilfe für ausreisewillige, meist jüdische Europäer, die oft ausgezeichnete Handwerker und somit auch in Übersee gesuchte Fachkräfte waren.

"Alle Protagonisten und Schauplätze dieses Romans sind authentisch, alle Ereignisse und Gespräche können sich so, aber auch anders zugetragen haben", schreibt Jana Revedin in ihrem Nachwort.
Für mich sind diese Menschen sehr lebendig geworden. Ich freue mich, von der umwerfenden Eugenia Errázuriz erfahren zu haben, die so viele Karrieren gefördert hat, und von Jean-Michel Frank, der auf seinem Gebiet einen beachtlichen Beitrag für die Moderne geleistet, Menschenleben gerettet und schließlich auch im Privaten eine Zeitlang sein Glück gefunden hat.