Zwischen Salzkammergut und Griechenland

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Hubert Achleitner, als Musiker und Künstler bekannt als Hubert von Goisern, hat uns in seiner Musik schon viele schöne, poetische Texte beschert. Dass er nicht nur mit Musik umgehen kann, sondern auch mit Sprache, ist daher bekannt, doch einen Songtext zu schreiben, sei er auch noch so gelungen, ist etwas ganz Anderes als einen Roman zu schreiben. Ich mag Hubert von Goiserns Musik sehr, auch seine kritische Einstellung, seinen Mut Neues auszuprobieren und ganz frei Genres zu vermischen. Deshalb war ich recht sicher, dass mir auch ein Roman aus der Feder Hubert Achleitners gefallen würde.
Und so war es dann auch. Ich bin von der ersten Seite an eingetaucht in diese Geschichte, ich mochte, seine Art zu erzählen, wie er zwischen Dialogen und der Perspektive eines allwissenden Erzählers hin- und herspringt, der Rhythmus stimmte, ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen und freute mich über jeden neuen Puzzleteil, der das Gesamtbild vervollständigte. Und ich liebte den Soundtrack, den der Autor uns zur Geschichte liefert, vielseitig wie Hubert Achleitner auch als Musiker ist, reicht dieser von den Naturtönen der Samen über Don Giovanni bis hin zu Nina Hagen. Der Autor hat hier einen ganzen Kosmos von Charakteren geschaffen, alle mit ihren guten und schlechten Seiten, ihren Ecken und Kanten. Man merkt ihm bei jeder Silbe die Sympathie zu seinen Personen an, wahrscheinlich spiegelt das sein Menschenbild wieder, jemand der sich Menschen interessiert ansieht, ohne zu verurteilen und generell an das Positive im Menschen glaubt.
Das Wort „flüchtig“ hat gleich mehrere Bedeutungen, und beide passen zu diesem Roman. Da ist einmal das Leben, das flüchtig ist, die Dinge, die wir für wichtig erachten, die nur flüchtig sind und an Bedeutung verlieren können und natürlich kann auch eine Person flüchtig sein.
Damit beginnt die Geschichte, Maria haut nach 30 Ehejahren einfach ab, kündigt ihren Job, räumt die Konten leer und sagt niemandem Bescheid. Monatelang bleibt sie verschollen, ihr Mann Herwig bleibt ziemlich ratlos zurück. Und anstatt ihm damit die Freiheit zu geben, eine Zukunft mit seiner jungen Geliebten Nora anzufangen, entfernt dieser Zustand ihn von Nora. Monate später bekommt er einen Brief von Maria, in dem sie versucht zu erklären und erzählt, was passiert ist. Wir Leser*innen wissen allerdings lange nicht, was denn darin steht. Nach und nach erfahren wir in Rückblicken, in Ausschnitten aus Marias Reise nach Griechenland und indem wir Herwig begleiten, was passiert ist. Das bleibt jede Sekunde spannend, Hubert Achleitner verliert nie den Faden, jeder einzelne Charakter, der eine Rolle in der Geschichte spielt ist genau und liebevoll gezeichnet. Wie zum Beispiel Herwigs Vater, auch einer der „flüchtig“ ist, abgehauen aus dem betreuten Wohnen und der spät noch ein zweites Glück findet, anders als man denkt.
Ich habe jeden Moment des Lesens genossen, fand das Ende einfach perfekt und war richtig traurig als ich es zuschlug. Definitiv ein weiteres Lieblingsbuch 2020, das ich bald noch einmal lesen und wärmstens weiterempfehlen und –schenken werde!