Liebeserklärung an die Elbe

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buecherfan.wit Avatar

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In Katharina Hagenas neuem Roman “Flusslinien“ geht es um drei Personen, die in Hamburg leben. Da ist einmal die 102jährige Margrit, die noch lange als Stimmbildnerin aktiv war und erst seit gut einem Jahrzehnt in einer Seniorenresidenz lebt. Sie hat viel Kontakt mit ihrer geliebten 18jährigen Enkelin Luzie. Luzie hat sich kurz vor dem Abitur von der Schule abgemeldet, lebt heimlich im Haus der DLRG am Elbeufer und will als Tätowiererin ihren Lebensunterhalt verdienen. Sie tätowiert sich selbst, ihre Großmutter und andere Interessenten. Luzie hatte ein traumatisches Erlebnis bei einem Auslandsjahr in Australien, wo ihr Vater mit seiner neuen Partnerin und zwei kleinen Kindern lebt und kämpft trotz einer Therapie noch immer mit den Folgen. Dann ist da noch der Mittzwanziger Arthur. Er sucht mit einer Sonde die Elbufer ab, erfindet Sprachen für Fantasyfilme, ist im Naturschutzb und aktiv und war früher ein begabter Taucher. Jetzt fährt er die Bewohner der Residenz zu ihren Terminen und hat ein besonders freundschaftliches Verhältnis zu Margrit. Auch er kämpft mit einem Trauma, über das er bisher mit niemand gesprochen hat. Ihre Freundschaft ermöglicht es Margrit, Luzie und Arthur sich zu öffnen und – im Fall der jungen Leute – einen neuen Anfang zu wagen. Magrit weiß, dass ihr nur noch wenig Zeit bleibt und genießt diese Phase ihres Lebens sehr bewusst. Sie erinnert sich an den Krieg, ihren Liebhaber Cornelius, vor allem aber an ihre Mutter Johanne und deren große Liebe Else Hoffa, die den Römischen Garten angelegt hat, zu dem sie sich täglich von Arthur fahren lässt. Es geht in diesem Buch um viele Themen: Liebe und Freundschaft, Vertrauen und Verrat und den Umgang mit Erinnerungen und Schuldgefühlen. Man muss sich an alles erinnern, bevor man vergessen kann. Auch wenn Erlebtes noch so schlimm war, darf man sich nicht zum Opfer machen lassen, sondern muss stark sein, damit nicht der Täter gewinnt. Auch Flora und Fauna der Elblandschaft spielen eine große Rolle. Wir lesen vom Verschwinden des Schierlings-Wasserfenchels und der Beerdigung eines Maulwurfs und das alles in einer wunderschönen, teilweise sehr poetischen Sprache.
“Flusslinien“ hat mir sehr gut gefallen, und ich empfehle es ohne Einschränkung weiter.