Eher Sittengemälde als Kriminalroman, aber überaus fesselnd

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Buchmeinung zu Petra Aicher – Fräulein Anna, Gerichtsmedizin: Die Prinzregentenmorde

Fräulein Anna, Gerichtsmedizin: Die Prinzregentenmorde ist ein historischer Roman von Petra Aicher, der 2022 bei Ullstein eBooks erschienen ist.

Zum Autor:
Petra Aicher, geboren 1972, ist Münchnerin mit ganzem Herzen und recherchiert die Geschichte und Geschichten ihrer Stadt, wenn ihre Zeit es zulässt.

Klappentext:
Anna Zech beginnt 1912 als Krankenschwester in der Münchner Gerichtsmedizin. Gleich ihre erste Leichenschau ist eine Tote aus der Isar. Anna glaubt nicht, dass die alternde Schauspielerin selbst ins Wasser gegangen ist. Auch der Skandalreporter Fritz von Weynand vermutet, jemand hat hier nachgeholfen. Denn die Tote hatte beste Verbindungen und kannte viele Persönlichkeiten. Anna, aus kinderreicher, kleinbürgerlicher Familie, ist vom adeligen Charmeur Fritz zuerst ein wenig eingeschüchtert. Aber ihre Courage und Neugier sind stärker. Gemeinsam decken sie die dunklen Seiten der feinen Münchner Gesellschaft auf.

Meine Meinung:
Dieses Buch ist eine interessante Mischung aus historischem Roman, zeitgenössischem Sittengemälde, einem Hauch Kriminalroman und einem Hauch Liebesroman. Die vermeintliche Hauptperson Anna Zech ist eine überaus sympathische Erscheinung, die ihren Platz in einer männerdominierten Gesellschaft sucht. Tatsächlich ist der Star aber das Münchener Leben kurz vor Ausbruch des ersten Weltkriegs. Anna wirkt ein wenig naiv, ist aber prinzipientreu und geniest die Aufmerksamkeiten des Adligen Friedrich von Weynand, der als Skandalreporter Fritz Nachtweyh eine Zeitung betreibt. Von Weynand lebt zwischen zerrütteter Ehe, gesellschaftlichen Verpflichtungen und aufrührerischen Ideen. Zudem hat er sich in Anna Zech verguckt und wirbt hartnäckig um sie. Viele Nebenfiguren ermöglichen den Blick auf soziale Missstände, notleidenden Menschen und den wenigen Reichen, die ein Leben im Überfluss führen. Der Todesfall der Schauspielerin spielt eine untergeordnete Rolle und dient eher als Einstieg in diverse Nebenschauplätze, auch wenn am Ende eine plausible Auflösung präsentiert wird.
Die atmosphärische Schilderung des Lebens der Menschen im München jener Zeit macht das Buch zu etwas Besonderen und hat mich süchtig nach mehr gemacht.

Fazit:
Ein fesselnder Roman, bei dem das historische München und seine Bewohner im Mittelpunkt stehen. Mich hat der Titel begeistert und deshalb vergebe ich fünf von fünf Sternen (100 von 100 Punkten) und spreche eine klare Leseempfehlung aus.