Leider enttäuscht

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raschke64 Avatar

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Anna ist 19 und stammt vom Land. Nach ihrer Ausbildung als Krankenschwester in einem Orden kommt sie nach München, um dort als Hilfskraft in der Gerichtsmedizin zu arbeiten. Ihr gefällt es schnell sehr gut und sie ist wissbegierig und lernt gern und viel. Gleich bei ihrem ersten Fall einer älteren Schauspielerin lernt sie den Reporter Friedrich/Fritz kennen, der eigentlich ein Adliger ist und sie sehr ausnutzt.

Das Buch hat mich leider etwas enttäuscht. In letzter Zeit ist ein regelrechter Boom ausgebrochen von Frauenfiguren, die Anfang des 20. Jahrhunderts um ihre Ausbildung oder ihr Studium kämpfen oder in Berufe einsteigen, die bis dahin ausschließlich Männern vorbehalten waren. Das ist oft ganz interessant, aber zum einen wird es langsam ein wenig viel und zum anderen hat man inzwischen gewisse Ansprüche an ein solches Buch oder Reihe. Und diese erfüllt „Fräulein Anna“ leider nicht. Die Figuren wirken auf mich teilweise nicht stimmig und fast karikativ. Allen voran der Adlige Fritz. Wie sein Freund ist er verarmt und hat eine Bürgerliche geheiratet, um finanziell abgesichert zu sein. Es ist eine Zweckheirat auf beiden Seiten. Nur erwartet er, dass er ohne Gegenleistung (vom Namen mal abgesehen) alle Vorteile nutzen kann und möglichst keine Leistung bringen muss (1 x im Jahr ein Einsatz in der Firma des Schwiegervaters ist ihm zu viel). Gleichzeitig nutzt er die finanziellen Möglichkeiten für seine Hobbys und für Beziehungen zu Frauen, die „bei 3 nicht auf dem Baum“ sind. Seine Frau wird als „strohdumm“ beschrieben und adligkeitshörig. Auf der anderen Seite verehrt er Anna geradezu, obwohl sie ebenfalls nicht unbedingt als sehr gebildet beschrieben wird. Aber sie hört ihm zu, wenn er erzählt. Und sie unterhält er (Wohnung, Geschenke) völlig ohne Gegenleistung mit dem Geld seiner Frau. Irgendwie kann ich mich damit nicht anfreunden.
Auch z. B. der andere Gehilfe in der Gerichtsmedizin. Er kann nicht mit Leichen arbeiten, verweigert sich vielen und ist ständig betrunken – behält aber seine Arbeitsstelle? Nicht glaubwürdig.

Unabhängig davon war das Buch nur mäßig spannend, was den Fall angeht. Allerdings ist das in meinen Augen keinen Punktabzug wert, weil das Buch als Roman bezeichnet wird. Nicht als Krimi, wie man vom Titel her erwarten könnte. Mir persönlich kam allerdings die Gerichtsmedizin der damaligen Zeit viel zu kurz. Alles in allem ist das Buch für mich eher Durchschnitt und ich werde die Fortsetzung nicht lesen.