Der Faszination des Bösen entkommt man beim Lesen nicht

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maesli Avatar

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Frank ist vierzehn Jahre alt als sein Großvater nach 18 Jahren aus dem Gefängnis kommt. Bisher lebte Frank mit seiner alleinerziehenden Mutter in einer innigen und vertrauten, wenngleich auch ungewöhnlichen Beziehung. Das ändert sich mit der Entlassung des Großvaters radikal. Instinktiv spürt Frank die Angst seiner Mutter vor ihrem Vater. Sie möchte dass er sich von ihm fernhält, doch fühlt er sich angezogen von dessen Ausstrahlung und folgt ihm teils widerwillig, teils fasziniert. Nicht genug, dass der Großvater ihm seine Präsenz aufdrängt und ihm, sehr zu seinem Missfallen, Frankie nennt; die Beziehung kippt, als er ihm eine geladene Pistole gibt, die Frank zu ungeahnten Handlungen verleitet.

Meine persönlichen Leseeindrücke
„Frankie“ lässt niemanden unberührt! Entweder man mag das Buch, findet es banal oder lehnt es ab. Es ist genug Platz für jede Art von Buchkritik, und das ist schon erstaunlich für einen Roman, der knapp 200 Seiten lang ist. Ich muss gestehen, hätte ich das Buch nicht in unserer Literaturrunde besprochen, wäre mir einiges durch die Lappen gegangen. Dabei war auffallend, dass jede*r eine Meinung dazu hatte, und übereinstimmend fanden wir es alle faszinierend und unheilvoll schon von den ersten Seiten an: Es war klar, hier wird was kommen!
Die Kunst des Michael Köhlmeiers besteht darin, die Faszination des Bösen, die in Form des Großvaters, der mit seinen Tentakeln nach dem unschuldigen Enkelsohn greift, in einen Plot einzubauen, der es schwer macht das Buch zur Seite zu legen. Die Zugkraft der Handlung, die besonders durch die direkte Rede sehr aktiv und plastisch dargestellt ist, läuft in meinem Kopf ab wie ein Film und ich stelle mir vor, wie der großartige österreichischen Schauspieler Franz Buchrieser den Großvater verkörpert. Die Wandlung, die dabei Frank hinlegt, ist außergewöhnlich und versetzt mich immer wieder ins Staunen. So ganz begreifen tu ich sie nicht. Die Spannung bleibt bis zum Buchende, denn ganz raffiniert vermeidet es Köhlmeier weder mitzuteilen, welche schweren Straftaten der Großvater begangen hat, noch was aus ihm geworden ist. Das bleibt immer im Hinterkopf, auch jetzt noch, einige Wochen nachdem ich das Buch beendet habe.

Fazit
„Frankie“ von Michael Köhlmeier ist eine raffiniert konstruierte Darstellung einer Großvater-Enkel-Beziehung, die mit einer ganz eigenen Atmosphäre aufwartet. Der Faszination des Bösen entkommt man beim Lesen nicht und das Buch bleibt bis zum Schluss spannend.