Frankwerdung

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eckenmann Avatar

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Der zu Romanbeginn fast 14jährige Teenager Frank nimmt mich wie in einem Film mit auf seine Reise.
Es ist die Begegnung mit seinem gerade aus dem Gefängnis entlassenen Großvater, die frischen Wind ins vertraute Miteinander zwischen ihm und seiner Mutter bringt und seine Welt auf den Kopf stellt.
Dazu passt auch irgendwie das Cover mit dem festgefahrenen und verlassenen Auto.

Ich versetze mich zurück und finde meinen Namensvetter, der sich nur ungern vom Opa als "Frankie" nennen lässt in einer Schwebe:
Er ist beunruhigt aber zugleich auch fasziniert von seinem Muttervater. Seine Beschreibungen und Beobachtungen kann ich teilweise teilen und nachempfinden und sehe da ein großes Kind, einen Jugendlichen, einen Jungen auf dem Weg zum Mann, der etwas Archaisches in sich trägt, wie aus einer (meiner?) Welt zu kommen scheint - sich mehr oder minder gut eingerichtet hat mit seiner Mutter und wie auf einer kleinen Insel lebt.
Irgendwie ist Frank ein wenig aus der Zeit gefallen - in unserer digitalen Epoche, er hat kaum Interesse für sein Handy, ist nicht vernetzt.

Plötzlich wird alles anders.
Der Ich-Erzähler nimmt uns mit auf eine rasante Reise, er macht sich Gedanken über die Menschen an seiner Seite und vor allem über seinen Großvater, den er nicht "Opa" nennen will.
Im Hintergrund läuft für mich ein Film des "Ungesagten" ab, was war passiert, wie kam es zu dieser schroffen Distanz zwischen Vater und Tochter?
Der Junge selbst macht sich auf den Weg - geht viele Wege.

Ich bin da bei ihm - neben ihm, spüre ihm nach und kann seinen Ausbruch atemlos verfolgen - wie in einem Film, Frank für sich ohne Freundin und Freunde, die Familie fern.

Michael Köhlmeier hat diese Schwebe und dieses Unbehagen treffend erfasst und lässt mich auf einen Frankie II hoffen, viele Fragen sind am Ende offen...
Die Figuren um den Helden herum erscheinen dagegen etwas blass, spärlich und distanziert beschrieben. Das richtet den Scheinwerfer umso mehr auf den Protagonisten.

Ich finde das Hin- und Hergerissene und den Sog der Ereignisse in den fünf Teilen des Romans filmreif und sprachlich fließend gestaltet. Die Teile setzen sich aus mehreren vornummerierten Episoden (7-6-7-8-7) zusammen. Bei aller Sprunghaftigkeit werden Geschehnisse und Beschreibungen herangezoomt, einmal direkt hautnah erfasst, dann wieder aus der Distanz geschildert.

Für mich war "Frankie" durchaus eine Abwechslung und Ablenkung vom Alltag und vor allem eine durchaus anstrengende und anregende Lesereise, ich würde das Buch nicht nur männlichen Jugendlichen empfehlen wollen, vielleicht auch junggebliebenen Männern - als eine Art Rückreise und -beschau.