Wer hätte das gedacht...

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mike nelson Avatar

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Wer hätte das gedacht... dachte ich am Ende der Lektüre von Michael Köhlmeiers neuem Roman "Frankie"; anfangs hatte ich den Eindruck,es handele sich vielleicht um eine aus einer verstaubten Schublade des Autors gekramte, bereits leicht angegilbte Schreibübung aus vergangenen Tagen; aber dann hat mich das Büchlein bis zur letzten Seite immer weniger losgelassen. Ich will auch gar nicht groß auf die Handlung eingehen - die kann man nämlich kaum erzählen, ohne zu spoilern und das wäre schließlich nicht fair. Der Klappentext beschreibt schon ganz gut, worum es geht. Köhlmeier ist es auf jeden Fall gelungen, sich in die Psyche eines 14-jährigen Jungen, bei der vom Vater getrennten Mutter lebend, mit so gut wie nicht vorhandenem eigenen Freundeskreis, einzufühlen. Nicht mehr Kind, aber noch lange nicht erwachsen. So nimmt die Geschichte konsequent die Pespektive von Frank ein. Das Leben nimmt für Frank unerwartet Fahrt auf, als sein Großvater, den er wegen dessen langen Haftaufenthaltes so gut wie gar nicht kennt, aus der Haft entlassen wird - Franks Mutter ist als Tochter zunächst die erste Anlaufstation. Es ist nicht so, dass Frank und sein Großvater Freunde werden, aber es kommt etwas in Bewegung, was für Frank den Abschied aus seiner Kindheit bedeutet. Es ist nicht Bewunderung, die Frank für seinen Großvater verspürt, vieles an seinem Handeln empfindet Frank sogar befremdlich - aber der Ex-Häftling ist Orientierungsgeber, füllt damit eine Lücke in Franks Leben... und ist damit willkommenes Sprungbrett. Was Frank von seinem Großvater lernt ist, dass die Frage nach dem 'Warum' überflüssig sei, weil es nie einen Grund gebe, die Dinge seien halt so wie sie sind. Und wenn man sich bei der Lektüre von "Frankie" dieser Annahme anschließen kann, ist es eine überraschend gute Geschichte.