Das Leben als Möhre

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regenprinz Avatar

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Der Roman „Frau Ella“ von Florian Beckerhoff hat mir außerordentlich gut gefallen. Die Grundidee der Geschichte ist originell, die Erzählweise sprachlich schön und die Figuren sind sehr liebevoll ausgestaltet.  

Immer wieder wartet das Buch mit überraschenden Wendungen auf, werden meine Lesererwartungen nicht erfüllt – das Bild mit der Möhre von S. 74 trifft es daher ganz gut: Ich folge dem Autor und seiner Geschichte und kriege sie doch nie zu schnappen, bis zum Ende nicht. Weder die Dinge, die in der Gegenwart passieren, noch die, die Frau Ella aus der Vergangenheit erzählt, sind in irgendeiner Weise vorhersehbar. Zwischendurch gibt es - ganz dezent verpackt - immer wieder kleine Weisheiten, die dem Buch Tiefe verleihen, ohne ihm die fröhliche Leichtigkeit zu nehmen.

 

Manche Stellen in diesem Buch sprühen vor feinsinnigem Humor, andere wiederum sind sehr direkt, manchmal sogar heftig derb, und scheuen sich nicht, den Leser auch mit unangenehmen Realitäten wie Küchendreck, Körpergerüchen, Darmfunktionen u.ä. zu konfrontieren. Dennoch verlieren die Figuren im Buch nie ihre Würde, weder Frau Ella, die seitenlang im Nachthemd herumspaziert, noch Sascha, der zwischendurch immer mal den Rüpel herauskehren muss.

Der Autor glorifiziert seine Figuren nicht, aber er schafft es, sie dem Leser auf eine Weise nahezubringen, dass man sie mehr als schätzen lernt – mit allen Macken, Schwächen und eigenwilligen Besonderheiten, die sie besitzen.

 

Am Ende habe ich es geradezu bedauert, das Buch fertig gelesen zu haben. Gerne hätte ich noch ein bisschen mehr Zeit mit den Figuren verbracht, die sich einander auf so wundersame Weise angenähert haben.

Fazit: „Exzellent“, um es in Frau Ellas Worten wiederzugeben.

 

Florian Beckerhoff ist ein Autor, den ich mir auf alle Fälle merken werde. (Und für sein nächstes Buch wünsche ich ihm ein zum Roman passendes Cover, denn das von „Frau Ella“ hat ja mit dem Buchinhalt rein gar nichts zu tun …)