Herrlich schräg umgesetzter Generationskonflikt ohne viele Worte

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krimine Avatar

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Ella Freitag, fast 90 und ein wenig senil, hält Einzug in ein Krankenhaus, um sich einer Operation am Auge zu unterziehen. Einer Operation, die sie persönlich für nicht notwendig hält. Aber der Doktor hat ihr das alles ganz nett erklärt. Soviel dazu. Und da alte, etwas senile Damen auch mal etwas vergessen, steht plötzlich das Krankenzimmer unter Wasser und bevor sie sich’s versieht, landet Ella im Zimmer eines jungen Mannes. Im wirklichen Leben undenkbar, in diesem Buch aber der Aufhänger der Geschichte. Und so gerät, quasi von einer Minute auf die andere, Sascha Hankes so mühsam gepflegte Krankenhaus-Zufriedenheit durcheinander und er muss, ob er will oder nicht, das Zimmer mit einer schnarchenden alten Schachtel teilen.

 

Frau Ella und Sascha, ein Pärchen wie aus dem Leben gegriffen. Sie, eine Oma von Format. nett und ein wenig senil, schlägt sie sich durchs Leben und nimmt die Dinge wie sie sind. Er, jung an Jahren und noch immer leicht pubertär, angenervt von allem und vor allem von der komischen Frau in seinem Zimmer. Doch meistens kommt es anders, als man denkt und so schafft es Ella, voller Unerschrockenheit und mit einer schlichten Herzlichkeit, die anfängliche Abneigung ihres Zimmergenossen zu beseitigen. Bald darauf sitzen sie in trauter Zweisamkeit bei einem Zahnputzbecher voll Klosterfraumelissengeist und lassen den Krankenhausalltag für eine Weile hinter sich.

 

Am nächsten Tag ist es soweit. Ellas Operation naht und Sascha weiß, dass seine neu gewonnene Freundin, die er inzwischen liebevoll Frau Ella nennt, diese gar nicht so recht möchte. Spontan rettet er sie aus dem Krankenhaus und platziert sie auf dem speckig abgeriebenen Sofa in seinem Wohnzimmer. Was für komische Sachen Ella dort in den nächsten Tagen erlebt, ist wirklich einen Roman wert. Latte Macchiato zum Frühstück und Eier, die nach Musik gekocht werden und mittendrin Sascha und sein Kumpel Klaus, die voller Faszination für die alte Dame ein Event nach dem anderen arrangieren. Bis letztendlich Ella nicht mehr wer weiß, wo ihr der Kopf steht und das Ganze in einer Katastrophe mündet.

 

„Frau Ella“ ist ein herrlich erfrischendes Buch, voller Humor und skurriler Dialoge, das die Leserschaft mit Leichtigkeit erobern wird. Florian Beckerhoff geht hier in wunderbar lockerer und lustiger Art und Weise mit einem Thema um, das in der heutigen Zeit immer mehr an Bedeutung gewinnt. Generationskonflikt nennen es die einen, Integration der Alten, die anderen. Aber anstatt darüber zu reden, packt der Hauptprotagonist in dieser Geschichte einfach mal an und beweißt, dass es auch ohne viele Worte geht. Nur, und das hat der Autor hier bewusst gemacht, übertreibt er die Sache ein wenig und das Ganze geht nach hinten los. Ein flüssig geschriebener, gut zu lesender Roman, mit einfachen Worten, liebevoll konstruierten Charakteren und einer ordentlichen Prise Alltagshumor. Ein Leseerlebnis, das nicht sehr anspruchsvoll anmutet, aber angenehm kurzweilig daherkommt und zum Nachdenken anregt.