Berührender Jugendroman über eine Familientragödie

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Der neunjährige Cymbeline Iglu lebt allein mit seiner Mutter im Süden Londons. Cymbeline? - Ja, er heißt tatsächlich nach einem Shakespeare Drama, denn sein Vater spielte eine Rolle in dem Stück, als er Cymbelines Mutter kennenlernte.

„Ihr werdet es nicht glauben.
Ich Cymbeline Iglu, bin noch nie geschwommen.“

Das ist die Ausgangslage eine Woche vor seinem 10. Geburtstag. Aber warum ist ein gesundes Kind seines Alters, drittbester Fußballspieler in der vierten Klasse und sportlich begeistert, noch nie im Wasser gewesen? Er war noch nie am Strand (Allergiegefahr!), am Fluss (wegen der Krokodile. In London.) oder am Pool. Bislang fand seine Mutter noch immer eine passende Ausrede. Deshalb unterlässt es Cym lieber, ihr vom neuen, anstehenden Schwimmunterricht in der Schule zu berichten.

Er traut sich auch nicht, Lehrer und Mitschülern sein Manko zu beichten, dass er der einzige Nichtschwimmer der Klasse ist. Stattdessen erwarten alle ein Wettschwimmen zwischen ihm und dem fiesen, mobbenden Billy Lee. Über das Kraulen lässt sich ja im Internet alles herausfinden und in der Badewanne ausprobieren, denkt sich Cymbeline. Doch der Plan geht schief. Am Ende muss ihn das Klassengenie Veronique Chang vor dem Ertrinken retten. Der Höhepunkt der Peinlichkeit: seine improvisierte Badehose hat er dabei auch noch verloren.

Seine Mutter, die ihn nun abholen soll, erleidet einen Nervenzusammenbruch und verschwindet in einer Klinik. Cymbeline muss nun übergangsweise bei seiner Tante und deren Familie im luxuriösen Haus wohnen. Doch die Stimmung ist eher frostig.

Die Erwachsenen bleiben sprachlos und erklären ihm nicht, was mit seiner Mutter passiert ist, warum seine missglückte Schwimmstunde so ein Chaos ausgelöst hat. So muss er selbst nach den Gründen suchen.
Bei seiner Suche bekommt er Hilfe von unerwarteten neuen und wiedergefundenen alten Freunden. Die Spur führt ihn zu Geheimnissen über seine Familie, die sein ganzes Leben auf den Kopf stellen.


Fazit

Diese ergreifende Geschichte wird mit viel kindgemäßen Humor erzählt. Manchmal schwankt man als Leser zwischen Lachen und Weinen. Sie berührt Themen wie Mobbing, mentale Gesundheit und tragischen Verlust in der Familie. Dagegen setzt sie Freundschaft, Vertrauen und Liebe.
Die Sprache des erzählenden neunjährigen Cymbeline ist gut getroffen. Die Geschichte aus seiner Perspektive zu sehen, macht das Besondere des Buches aus. Die Perspektive eines einfachen, freundlichen Kindes kontrastiert die Schwere der Entwicklung der Handlung. Eigentlich nähert sich der Junge im Laufe seiner Erkundungen zunehmend seiner Mutter an, die die meiste Zeit der Handlungsspanne für ihn nicht greifbar ist.

Die Rolle der Erwachsenen erschöpft sich in ihrem Versagen, Cymbeline zu helfen oder ihm die Hintergründe darzustellen. Sie versuchen ihn krampfhaft von der Wahrheit fern zu halten. Dass sie von der Tragik des Geschehens selber überwältigt sind, wird erst ganz am Ende des Buches klar. Als Leser kann man sich die Verzweiflung des Kindes über die fehlende Hilfe gut vorstellen.

Es bleibt dem Jungen allein überlassen, die Antworten zu suchen, um die Gefühle und Handlungen seiner Mutter zu erklären. Tröstlich empfand ich dabei die Rolle seiner Freund*innen.
Mir hat die Darstellung der sich entwickelnden Beziehungen und Freundschaften der Kinder untereinander sehr gefallen. Sie treiben die Handlung voran und setzen die Wendepunkte.

Der Verlag empfiehlt ein Lesealter ab 11 Jahren. Für mein Empfinden sind ein paar Situationen in diesem Roman für ältere Kinder besser zu verarbeiten.

Ein sehr berührender Roman, den man auch sehr gut gemeinsam mit seinem Kind lesen kann.