Ein grandioses Buch mit einem eigenen Sound

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
buecherundschokolade Avatar

Von

Manche Bücher haben einen eigenen Sound.

Einerseits natürlich die Sprachmelodie, aber auch ganz wörtlich gemeint, Bücher, in denen Musik eine zentrale Rolle zukommt, wo ständig Songs zitiert werden, gehört werden, wo sie Stimmungen beschreiben.
Ein bisschen wie Filmmusik, quasi Buchmusik, die die Handlung unterstützt und antreibt.

Und genau so ein Fall ist Freizeit, der Debütroman von Carla Kaspari.

Musik ist im Roman essentiell. Sie wird durch JBL-Boxen, auf Partys, auf Festivals oder einsam im Zug per Kopfhörer gehört. Die Handlung folgt - verkürzt gesagt - der Protagonistin Franziska ein Stück ihres Lebenswegs, gerade nachdem sie Freund und Paris verlassen hat, um wieder in einer westdeutschen Großstadt zu leben. An sich könnte man sie für zufrieden halten, sie kann vom Schreiben leben (meist Jingles oder Werbung oder Texte für Rapper) und schreibt gerade - genervt von ihrer crazy Lektorin - an ihrem ersten Roman. Doch irgendwie driftet sie nur so durchs Leben und es fehlt etwas (Lebensfreude?, Leichtigkeit?, Sinn?, Identität?). Ihre Freunde von früher versuchen alle ihr Leben irgendwie zu meistern: überbeschauliches Landleben, Drogen, Instagram hierzu als Schlagwörter. In Rückblenden und eingeschobenen Sequenzen aus dem gerade entstehenden Roman erfährt der Lesende mehr über die Vergangenheit der Figuren. Insgesamt entsteht so ein aufgeladenes Handlungsmosaik und man kann es nicht anders sagen: große Unterhaltung.

Vielleicht hat Carla Kaspari gerade für unsere Generation das geschrieben, was Christian Kracht mit Faserland für seine Generation geschrieben hat. Ist das jetzt ein Grund Popliteratur zu rufen? 🙈 Ein starkes Buch, voll Humor, voller Musik (ich warte auf die entsprechende Spotify-Playlist). Als Kind der 90er und frühen 2000er fühlt man sich ein ums andere Mal ertappt in diesem fulminanten und sehr empfehlenswerten Romandebüt.