Genial tragikomisch!

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mike nelson Avatar

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Wir werden in "Freizeit" von Carla Kaspari Zeugen, wie Carla Kaspari als ihr alter ego 'Franziska' ein Buch schreibt, wie sie - ausgehend von den Beobachtungen ihrer Generation - Schreibideen generiert und diese mittels der Notizfunktion ihres allgegenwärtigen Smartphones festhält. Was sich zunächst relativ banal anhört, entpuppt sich schließlich als ziemlich genial! Oder um es mit der Mail von Franziskas Lektorin an Franziska im Buch auf den Punkt zu bringen: "Das könnte wirklich das Porträt einer Generation werden." Und das ist es nach meiner Einschätzung auch geworden; Vergleiche hinken immer, aber dieser nicht ganz so dolle - Carla Kaspari ist die deutsche 'Sally Rooney', nur besser, weil bei S.R. zu viel rumgelabert wird und C.K. mit ihren scharfen Beobachtungen Vieles auf den Punkt bringt und es schafft, das Lebensgefühl einer Generation einfühlbar zu machen. Und so ist es weniger die Handlung (siehe Klappentext), sondern vielmehr die Summe der (Selbst-) Beobachtungen, die das Buch so lesenswert machen: "...das erste Mal... keine größeren Einwände dagegen zu haben, dass ein Tag danach verlangt, durch ihn hindurchzuexistieren." "Franziska inhaliert und drückt die Zigarette aus. Sie ist im selben Moment traurig darüber, weil sie weiß, dass damit die einzige aktive Tätigkeit endet, zu dersie sich in diesem Moment imstande fühlt." "Franziska denkt, dass Entscheidungen fast nie richtig oder falsch sind, sondern meistens gefällt werden, damit es weitergeht." "Sie beschäftigt sich kurz mit der Frage, ob es Wahnsinn ist, Text zu produzieren in einer Welt, die nur noch aus Text und Code besteht." Es ensteht das Bild einer Generation, de sich stets für das Gute, das Richtige, das Besondere entscheiden will - und genau daran verzweifelt, vor lauter Reflexionsarbeit das Leben vergisst. Das wunderbare Buch gehört allerdings überhaupt und gar nicht in die Sparte Humor...- wobei es nicht humorlos, sondern auf seine ganz eigene Weise tragikomisch ist...