Das perfekte Sommerbuch!

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fraedherike Avatar

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Mehr als zwanzig Jahre ist es her, dass sich ihre Wege trennten; dass sie unbeschwert und voller Freude auf das Leben, das ihnen nach dem Studium bevorstand, zusammensaßen und sich und ihren Abschluss an der Universität Zaria feierten. Während es Enitan nach New York verschlug, wo sie nun geschieden und alleinerziehend mit ihrer Tochter Remi wohnt, pflegt Zainab ihren nach mehreren Schlaganfällen gelähmten Mann. Funmi hingegen lebt in Hülle und Fülle, sie ist reich: Shoppen-bei-Harrods-reich, Fahrer-und-Diener-und-was-ihr-Mann-macht-ist-unklar-aber-definitiv-korrupt-wobei-sie-lieber-nicht-darüber-nachdenkt-reich. Doch auch wenn tausende Kilometer, mehrstellige Dollarbeträge und abrupte Fluchten sie trennen, das Leben es nicht immer gut mit ihnen meinte, niemals brach der Kontakt zwischen den drei Freundinnen ab. Und umso größer ist die Wiedersehensfreude, als sie nun bei der Hochzeit von Funmis Tochter Destiny in Lagos wieder vereint sind. Das Wiedersehen bringt Erinnerungen ans Licht: an ihre gemeinsame Zeit, ihr Kennenlernen, an das, was sie liebten und verloren. Aber während sie in Vergangenem schwelgen, müssen sie erkennen, dass ihre Töchter ihnen in ihrem rebellischen Wesen in nichts nachstehen.

Es ist diese wärmende, behagliche Atmosphäre, die Tomi Obaros Debütroman „Freundin bleibst du immer“ (OT: Dele Weds Destiny: A Novel, aus dem Englischen von Stefanie Ochel) zu einem absoluten Wohlfühlbuch macht – trotz dessen das Leben der drei Freundinnen Enitan, Funmi und Zainab nicht immer einfach war. Aus ihren jeweiligen Perspektiven beschreibt die Autorin ihr Zusammentreffen, ihre familiären Hintergründe und persönlichen Schicksale. Sie alle hatten einst Träume, wollten Geschichten schreiben, Krankenschwester werden, ein sicheres, gutes Leben führen und Teil einer liebevollen Familie sein. Ihrem ersten Zusammentreffen Anfang der 1980er Jahre an der Universität Zaria gingen Neid und Abschätzigkeit voraus, Überheblichkeit prallte auf Schüchternheit und Bewunderung, doch allmählich rauften sie sich zusammen, waren aufeinander angewiesen und stärkten sich stets gegenseitig den Rücken: in Gesundheit, in Krankheit, in anderen Umständen. Als es 1987 bei studentischen Aufständen zu einem tödlichen Unglück kommt, verändert sich alles und ihre Wege trennen sich.

Mit ausdrucksstarker, schwereloser Sprache und spielerischer Leichtigkeit entwirft Obaro drei grundverschiedene Protagonistinnen, die man sofort ins Herz schließt. Ihre Entwicklung von der Studienzeit bis hin ins Erwachsenenalter, von jungen, zuversichtlichen Mädchen zu vom Leben gezeichneten Müttern, die sich nun in ihren Töchtern gespielt sehen, hat mich mitgerissen, mein Herz mit jedem Auf und Ab tanzen lassen. Sie gibt einen wertvollen, lebendigen Einblick in das Leben in Nigeria, die Klassenunterschiede und gesellschaftlichen wie kulturellen Besonderheiten gegenüber der westlichen Kultur, insbesondere der Hochzeitszeremonie. Darüber hinaus thematisiert sie Rassismus aufgrund von Hautfarbe und Aussehen, Gewalt und sexuellen Missbrauch sowie Abtreibung und psychische Erkrankungen, lässt immer wieder auch den Konflikt der Generationen zwischen Tradition und Moderne durchscheinen. Teilweise werden einzelne Aspekte nur oberflächlich behandelt, wie eine Randerscheinung, doch das tut der Atmosphäre der Erzählung keinen Abbruch, lässt sie eher ausgewogen erscheinen. Lediglich das flüchtige Betrachten der psychischen Probleme ließ mich ein wenig grummeln; hier hätte ich mir mehr Tiefe und Dialog gewünscht.

Müsste ich mich festlegen, ich denke, ich wäre Team Enitan; mit ihrer bodenständigen, ehrlichen Art und ihrer „Begeisterung“ für WhatsApp-Gifs sowie dem Risiko, das sie für die Liebe eingegangen ist, ist sie mir sofort ans Herz gewachsen und ihr Mut imponiert mir. Und doch sind sie alle unglaublich liebenswert und ich habe die gemeinsame Zeit mit den drei Frauen und ihren Töchtern sehr genossen. Eine sommerliche Leseempfehlung!