"Freundschaft fängt mit V an..."

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
marapaya Avatar

Von

"... – Vertrauen und Verbindlichkeit." An diesen Kalenderspruch aus meiner Jugend muss ich immer denken, wenn es darum geht Freundschaft zu definieren. Natürlich ist das Thema wesentlich komplexer, aber im Kern trifft es der Spruch schon. Ohne Vertrauen ist es schwer eine echte Beziehung zu jemanden aufzubauen und eine gewisse Verbindlichkeit gehört in jedem Fall dazu. Denn wenn ich mich nicht auf jemanden verlassen kann, dann fällt es schwer, ihm anzuvertrauen, wie es in mir aussieht und was mich bewegt. Funmi, Enitan und Zainab haben sich als junge Mädchen auf der Uni in Nigeria kennengelernt. Die Motive miteinander Zeit zu verbringen waren vielschichtig und zuweilen sogar ein klein wenig berechnend. Aber im Laufe der Zeit sind die drei fest zusammengewachsen, haben sich in ihrer Verschiedenheit gut ergänzt und sind in schwierigen Zeiten füreinander eingestanden. Das Leben hat sie schließlich räumlich weit auseinandergeführt. Doch die Hochzeit von Funmis Tochter Destiny führt die Frauen nach langer Zeit wieder zusammen und lässt auch alte Geschichten wieder neu aufleben.
Tomi Obaro erzählt in unaufgeregtem Tonfall über drei unterschiedliche Frauen in sehr unterschiedlichen Leben. Enitan steht in New York vor dem Ende ihrer Ehe und will sich nur ungern damit auseinandersetzen, weil es sich wie ein Scheitern anfühlt. Zainab hat Kinder und Enkelkinder aus einer glücklichen Beziehung, doch ihr Mann ist seit seinem Schlaganfall ein Pflegefall und im Leben nichts mehr so, wie es war. Die willensstarke Funmi führt ein sorgenfreies Leben, steckt dafür aber in einer gleichgültigen Ehe. Ihre einzige Tochter hat im Medizinstudium an der britischen Elite-Uni einen vielversprechenden Landsmann kennengelernt und Funmi stürzt sich voller Elan in die Hochzeitsvorbereitungen, an denen Tochter Destiny so gar keinen Anteil zu nehmen scheint.
Die drei weiblichen Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein und dennoch haben sie über all die Jahre den Kontakt zueinander gehalten. Obaro startet mit dem Status Quo in der Gegenwart und arbeitet sich dann nach und nach zu den Anfängen der Freundschaft vor. Nebenbei zeichnet sie das Bild eines Landes, in der unterschiedliche Kulturen, Religionen und Vermögensverhältnisse denn Alltag bestimmen und politische Unruhen nie weit entfernt sind. Für Frauen gilt es vor allem einen Ehemann zu finden. Es ist durchaus spannend über Obaros Roman einen Eindruck von Nigeria zu erhalten. Doch scheint mir hier nicht ihr Fokus zu liegen. Im Mittelpunkt stehen die Frauenfiguren in ihrer Differenziertheit. Sie unterscheiden sich in ihrer Herkunft und in ihren beschrittenen Wegen. Allein die gemeinsamen Jahre an der Uni haben sie zusammengebracht und einen langlebigen Bund entstehen lassen. Es scheint aber auch ein Fokus auf der Rolle als Frau grundsätzlich zu liegen. An den verschiedenen weiblichen Figuren zeigt Obaro auf, wie sehr die familiäre Herkunft die Persönlichkeit und den Werdegang beeinflussen kann.
Obaros leicht distanzierter Blick auf ihre Figuren hat mir ganz gut gefallen. Von der recht überschaubaren Handlung sollte man sich wohl nicht in die Irre führen lassen und zwischen den Zeilen lesen. Doch von Nigeria als Land erhält man kaum einen wirklichen, tiefen Eindruck. Mir fehlen dafür einfach die Zusammenhänge und das Wissen, um die Geschichte und Kultur dieses Landes. Einzig, dass Hochzeiten in gewissen Kreisen ein endlos langes Spektakel darstellen und es nie zu spät ist, Nein zu sagen.