Reise ins Jahr 1974

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
mammutkeks Avatar

Von

Im neuen Fall für Jo Weber und Lutz Jäger, also in "Fronleichnamsmord", reisen die beiden Kommissare zwar wieder in die Vergangenheit, aber diesmal nicht arg so weit. 1974, kurz vor Ende der Fußball-WM in Deutschland, geschieht ein Mord am Kaufhausbesitzer Bernward Hilgers, der erst in der Gegenwart entdeckt wurde. Jo Weber soll diesen nach etwa 40 Jahren endlich aufklären.
Und so taumelt sie wie in den Vorgängerromanen in die Vergangenheit: Sie findet sich in einem eher psychedelisch angehauchten Zimmer, mit Polyester-Schlaghosen, bunten Pullovern und ungemütlichen Keilabsatzschuhen. Allerdings ist sie in diesem Krimi immerhin Polizistin, genauer gesagt Kommissarin zur Anstellung - ganz neu im Eberswalder Kommissariat.
Auch Lutz Weber "reist" in die Vergangenheit - er lebt allerdings in einer Kommune mit verschiedenen Bewohnern, die es nicht so ganz ernst mit dem Gesetz nehmen, dafür kiffen, der "freien Liebe" frönen, sich gegen die Bullenwillkür auflehnen usw. usw.
Im Verlauf der Geschichte ist jedoch nicht nur der Kaufhausbrand mitsamt des Todes des Besitzers aufzuklären, sondern es gibt weitere Tote im Umfeld der Kommune. Einer der Mitbewohner wird erschossen aufgefunden - und Jo mit den Ermittlungen dazu beauftragt.
Viel Raum nimmt aber die persönliche Geschichte Jos ein. Trifft sie doch auf ihren Vater, der ihr Vorgesetzter ist, den sie aber lebend nicht kennengelernt hat. Und auch ihre Mutter hat eine entscheidende Rolle sowohl in den Ermittlungen als auch in den privaten Problemen zwischen Jo und Lutz. Zudem fragt sich Jo, ob sie denn überhaupt geboren wird, so wenig wie ihre Eltern zum Zeitpunkt der Ermittlungen miteinander auskommen.
Auch wenn weiterhin ungeklärt bleibt, wie es zu den seltsamen Zeitreisen kommt, machen die Geschichten doch Spaß. Sie sind gut geschrieben, die historischen Umstände der Fußball-WM sind gut recherchiert - und viele der Beschreibungen wecken eigene Erinnerungen. So z.B. an die extremen Tapetenmuster, die äußerst farbenfrohe Kleidung gepaart mit den schrecklichen Parkas, das Fahren im VW Käfer usw. Die Krimihandlung nimmt dann folgerichtig weniger Platz ein, was aber nicht wirklich störend ist. Auch einen möglichen weiteren Band von Bea Rauenthal würde ich lesen - und zwar sicherlich mit Vergnügen.