Zeitreise zu Drugs and Rock’n Roll und Polyesterpullovern

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Jo Weber und Lutz Jäger wurden ein drittes Mal in eine andere Zeit katapultiert. Sie hatten sich in 2014 gerade noch über einen ungeklärten Mord aus 1974 unterhalten als es auch schon schwummerig um sie wurde. Lutz findet sich auf einem coolen Rockkonzert wieder und muss wenig später vor der Polizei flüchten. Dabei sind das doch eigentlich seine Kollegen. Immerhin kann er nun die Fußballweltmeisterschaft hautnah miterleben, die er in seiner Zeit nun verpasst. Statt Götze und Lahm, bejubelt er nun die damaligen Legenden Müller, Beckenbauer und Maier. Nebenbei versucht er inkognito in einer Kommune über einen Mordfall zu ermitteln, der im nahegelegenen Waldviertel verübt wurde.

Jo ist weiterhin bei der Kriminalpolizei beschäftigt. Allerdings hat sie dort mit den seinerzeit gängigen Vorurteilen gegenüber weiblichen Beamten zu kämpfen. Als sie am ersten Tag im Präsidium erscheint, lernt sie auch Kriminalrat Alexander Claasen kennen. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, dem eigenen Vater gegenüber zu stehen, zumal dieser gerade erst ihre Mutter kennenlernt. Gemeinsam mit Lutz kümmert sie sich nun um die Leiche aus dem Wald und um einen mysteriösen Kaufhausbrand, bei dem der Eigentümer ums Leben gekommen ist.

Bea Rauenthal führt ihre Leser mit gewohnter Geschwindigkeit in die Geschichte ein. Der nunmehr dritte Teil in der Serie um die beiden Ermittler steht den anderen in nichts nach. Die beiden müssen sich in den neuen Gegebenheiten zurechtfinden unter Berücksichtigung der in der Zeit gängigen Regeln. Da es dieses Mal nur 40 Jahre in die Vergangenheit geht, werden sich noch viele Leser selber an die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland erinnern können, die zur Kulisse des Romans wird. Leider gab es auch genügend traurige Ereignisse, wenn man an die Taten der RAF denkt. Der dargestellte Kaufhausbrand ist eines der Attentate, die sich Jahre zuvor so abgespielt haben. Auch dieses Mal werden wieder Fiktion und Realität miteinander verbunden, sodass ein glaubhafter Zeitreisekrimi entsteht.

Die beiden Ermittler entwickeln sich im Verlauf der Serie. Diese Veränderungen werden stets kurz unter Bezug der vorangegangenen Fälle erläutert. Angenehm ist es, dass zu keiner Zeit zuviel verraten wird, sodass die in sich abgeschlossenen Handlungen auch separat gelesen werden können. Die relativ unblutigen Krimis folgen einem ansteigenden Spannungsbogen und ziehen ihre Leser förmlich mit in die vergangene Zeit. Die veränderten Umstände, die meist der jeweiligen Zeit geschuldet sind, lassen eine eigene Art von Humor zu. Da sich gerade Jo immer auch mit ihrer Kleidung der Zeit anpassen muss, erreicht die unter Pseudonym schreibende Autorin so manchen Lacher, ohne albern zu wirken. Die Reihe unterhält nicht nur durch ihre speziellen Einblicke in die vorherrschenden Gesellschaften und der daraus resultierenden Ermittlungsarbeit, sondern weiß vor allem durch die Sympathie für die Hauptcharaktere zu begeistern.