Humorvoller Einblick in die Großstadtrealität

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mythenmetzfan Avatar

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"Fuck you, Kita!" von Anna und Daniel Wiedemann erzählt vom ganz normalen Alltagswahnsinn einer jungen Familie in Berlin. Vor etwas mehr als einem Jahr (zu Beginn des Buches) ist ihr kleiner Sohn Gustav zur Welt gekommen. Daniel arbeitet wieder, seit der Kleine ein halbes Jahr alt ist. Anna wollte erst wieder als Gymnasiallehrerin anfangen, wenn Gustav eineinhalb ist, doch nun beginnt das große Chaos: Sie hat ein Jobangebot, aber dazu soll sie schon vier Monate früher als geplant wieder ins Berufsleben einsteigen. Das kann sie sich noch nicht einmal vorstellen, und realisierbar ist es schon gar nicht. Die Odyssee beginnt: Während andere Eltern in Berlin den Namen ihres Kindes schon auf Kita-Wartelisten setzen, wenn es noch gar nicht auf der Welt ist, fangen Anna und Daniel erst jetzt ernsthaft an zu suchen. Natürlich hagelt es Absagen um Absagen. Wie soll das nur weitergehen? Am Ende der Leseprobe gehen sie sogar schon so weit, sich für ihr Kind in einem chinesischen Kindergarten zu bewerben, doch als sie bemerken, dass Elternabende immer komplett auf Mandarin abgehalten werden, ist klar, dass das keine Option ist. Man darf gespannt sein, wie die kleine Familie diese Krise umschifft.

Das Buch ist humorvoll und realitätsnah verfasst. Anna und Daniel beschreiben die Geschehnisse abwechselnd in Ich-Perspektive. Für jemanden wie mich, der in einer 4000 Seelen Gemeinde aufgewachsen ist, in der ein Kindergarten völlig ausreicht, der aber neuerdings auch 15 Kita-Plätze für die Betreuung von Kleinstkindern anbietet, ist das ein sehr interessanter Bericht, weil ich mir bis jetzt immer nicht vorstellen konnte, dass die Lage in größeren Städten wirklich so schlimm ist, wie in den Medien geschildert. Bei uns muss der Pfarrer in seiner Ansprache noch humorvoll an die jungen Eltern appellieren, dass er da „ein Anliegen hätte, da ja die Zahl an Kindern im Kindergarten immer mehr zurückgeht“ und dass er bis zum nächsten Jahr doch gerne so und so viele Taufen hätte. Da war es für mich bis jetzt unvorstellbar, dass an anderer Stelle die Plätze knapp werden könnten, wo doch so viel neu gebaut wird. Deswegen gefällt mir dieses Buch sehr gut. Ich hoffe, dass die Geschichte so weitergeht, dass sie vielen jungen Familien, die in einer ähnlichen Situation sind, Mut macht und dabei hilft, die ganze Krise mit Humor zu nehmen und zu meistern.