Aufklärend

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alasca Avatar

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„Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, welche Emotionen sie unbewusst steuern“, sagt Dr. Carlotta Welding in „Fühlen lernen“. Daher ist es wichtig, so gut wie möglich darüber Bescheid zu wissen. Was unterscheidet Emotionen von Gefühlen? Warum darüber reden? Wozu sind Gefühle überhaupt gut, und warum sind Verstand und Gefühl keine Gegensätze? „Fühlen lernen“ schließt Informationslücken.

Kapitel 1) versucht eine emotionale Bestandsaufnahme unserer Zeit. Kapitel 2) erklärt uns, was Gefühle sind, welchen Sinn sie haben und wie wir unser Gefühlsinstrumentarium erwerben. Kapitel 3) erklärt, was dabei schiefgehen kann und erläutert die verschiedenen Formen der Gefühlsstörung. Kapitel 4) zeigt auf, warum es so wichtig ist, seine Gefühle erkennen, benennen und darüber sprechen zu können. Kapitel 5) behandelt Möglichkeiten der Einordnung: Ist alles in Ordnung bei mir? Woran erkenne ich, ob Gefühle für mich ein Problem sind? Kapitel 6) schließlich legt Möglichkeiten der Reflektion und Gesundung dar. Am Ende dann findet sich ein Fragebogen zur Selbstverortung in Sachen Gefühlsblindheit.

Die Sprache der Autorin ist verständlich und flüssig zu lesen; sie ist unterhaltsam und bringt auch mal zum Schmunzeln, etwa, wenn sie klarstellt, dass das auf Insta gepostete Foto der Tasse Kaffee kein Zeichen fortgeschrittener Achtsamkeit ist.

Bei den praktischen Übungen lässt Welding keinen Zweifel daran, dass die Veränderung der eigenen Gefühlslandschaft je nach Grad der Störung schwierig ist und oft nur mit professioneller Hilfe gelingen kann. Einige ihrer Empfehlungen fallen mir denn auch zu optimistisch aus: Wenn das Selbstwertgefühl eines Sohnes geschädigt ist, weil er sich als Kind von seinem Vater ungeliebt gefühlt hat, kann der klärende Dialog mit dem Vater auch nach hinten losgehen. Es greift für einen Erwachsenen zu kurz, seinen Selbstwert von Liebe oder Gleichgültigkeit eines Elternteiles abhängig zu machen.

Ein besonderes Anliegen ist Welding der emotional gute Umgang mit Kindern. Denn für die gute Entwicklung von Kindern ist es nicht am wichtigsten, sie vor schlechten Erfahrungen zu schützen, sondern ihnen so viele gute Erfahrungen mitzugeben wie nur irgend möglich. „Überhäufen Sie ihr Kind mit Liebe. […] Es muss liebessatt sein, um hinaus in die Welt zu gehen und sich dort behaupten zu können.“

Insgesamt habe ich das Buch mit Gewinn gelesen. Ein wichtiges, ein notwendiges Buch in unserer Zeit der schönen Oberflächen und emotionaler Untiefen.