Wo ist die Ursula Poznanski, die ich kenne?

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suse9 Avatar

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Titel und Cover dieser Leseprobe überzeugen mich noch nicht davon, dass hier ein Thriller vorliegt, der mir während des Lesens Gänsehaut verschaffen wird. Lediglich die Tatsache, dass Ursula Poznanski diesen Roman geschrieben hat, ließ mich mit Vorfreude zu den ersten Seiten greifen. Nachdem mich "Erebos" und "Saeculum" geradezu faszinierten, fragte ich mich, wie sich die Autorin im Thrillergenre schlagen würde. Ich habe sie als ideenreiche Schriftstellerin kennengelernt, die meine vorgefassten Meinungen über den Haufen wirft und es versteht, mich so zu fesseln, dass ich mich kaum in der Lage fühle, ein angefangenes Buch von ihr kurzzeitig zur Seite zu legen.

Die Erwartungen meinerseits waren also extrem hoch, wurden jedoch bislang noch nicht erfüllt. Sicherlich ist die Szenerie gruselig und die Charaktere gut ausgearbeitet, der Prolog äußerst spannend und furchteinflößend, aber das alles ist nicht neu. Es gibt eine Fülle von Thrillern und wenn man etliche gelesen hat, kann man einfach nicht erwarten, jedes Mal überrascht zu werden. Das ist mir bewusst und deshalb frage ich mich, warum die Autorin in dieses Genre gegangen ist. Mit einer ungewöhnlichen Sprache schafft sie es leider auch nicht, aus der Masse hervorzustechen. Zu allem Überfluss hat die Protagonistin auch so viele private Probleme am Hals, dass ich befürchte, eine Superheldin vorgesetzt zu bekommen, die letztendlich alles bravorös meistern wird. Das alles will und brauche ich aber nicht.

So, nun habe ich meiner Enttäuschung erst einmal Ausdruck verliehen, denn enttäuscht bin ich. Aber natürlich wäre Ursula Poznanski nicht Ursula Poznanski, wenn sie mir nicht wieder beweisen würde, was in ihr steckt. Wendungen, Überraschungen, unglaubliche Spannung und menschliche Abgründe werden mir auch hier wieder in ihrem neuen Roman begegnen und am Ende werde ich über meine anfängliche Frustration laut lachen und staunend den Thriller zuschlagen, der mich in Atem gehalten und mir schlaflose Nächte bescherrt hat. So und nicht anders erhoffe ich es, so und nicht anders erwarte ich es, so und nicht anders wird es sein - oder etwa nicht?