Blutige Schnitzeljagd

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sendorra Avatar

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Ursula Poznanskis "Erebos" begeisterte mich wie schon lange kein Thriller mehr. Als die Wienerin nun ihr neues Werk "Fünf" veröffentlichte, wanderte es so schnell wie möglich zu mir nach Hause. Auch wenn ich leider kein Leseexemplar gewann. ;-)

### Blutige Schnitzeljagd

Eines Morgens findet ein Bauer eine Leiche auf seiner idyllischen österreichischen Kuhweide. Mit auf dem Rücken gefesselten Händen liegt die Frau dort und gibt den Polizisten Rätsel auf. BKA-Ermittlerin Beatrice Kaspary entdeckt seltsame Tätowierungen auf den Fußsohlen der Ermordeten - Zahlen, nein Koordinaten! Als sie und ihr Kollege Florin Wenninger diesen auf den Grund gehen, begeben sie sich auf eine aberwitzige und grausame Geocaching-Tour.

Die Koordinaten auf den Sohlen der ersten Leiche führen die Ermittler zur ersten Station, dem ersten Cache einer GPS-Schnitzeljagd der blutigen Art. Luftdicht und sicher verpackt entdecken die Polizisten die Hand eines Mannes. Und Hinweise zum nächsten Cache.

Kaspary und Wenninger lassen sich auf das Spiel ein. Hangeln sich von Cache zu Cache, von Körperteil zu Körperteil, von Opfer zu Opfer. Doch der Killer scheint ihnen immer ein Stück voraus, spielt Katz und Maus mit ihnen und hält sie offentlichtlich für Stümper.

### Konzentration auf den Fall

"Fünf" startet schnell. Die Leiche taucht auf, die Ermittler legen los, die Jagd beginnt. Das Tempo zieht den Leser rasant in die Story. Nur nebenbei erfahren wir, dass Beatrice Kaspary alleinerziehende Mutter zweier Kinder ist und ihre Beziehung zum Ex besser sein könnte. Ihr Familienleben läuft nebenher, dient nur als Hintergrundwissen. Zwar gewinnt die Protagonistin durch ihre Probleme an Profil, aber Poznanski verliert sich nicht in familiären Problemen und Gefühlsduseleien, konzentriert sich auf Polizeiarbeit und Fall. Manchen erscheint das wahrscheinlich unpersönlich, mir dagegen realistisch. Steckt ein Polizist in solch einem verzwickten Fall, muss das Privatleben zurücktreten.

Größtenteils schildert Poznanski die Geschichte als personaler Erzähler aus Kasparys Sicht der Dinge. Doch hin und wieder durchbricht sie dies mit kurzen Passagen in die Gedankenwelt eines Opfers oder des Täters. Das weckt Neugier, erschreckt und lenkt die Gedanken des Lesers auf andere Spuren.

### Durchschaubar und doch spannend

Erfahrene Krimifans ahnen ab Mitte des Buches, wer der Täter sein könnte. Das empfand ich allerdings als überhaupt nicht schlimm. Die Schnitzeljagd und die Kontaktaufnahmen des Killers zu Kaspary - immer persönlicher, immer intensiver - hielten mich in Atem. Durchschaubar und doch spannend.

Dagegen störte mich das klassische Ende. Der Täter erklärt ausschweifend seine Motivation. Enthüllt jedes kleinste Detail. Dem Gedankenspiel des Lesers bleibt kaum Spielraum. Und jene, die das Geschehen schon vorher enträtselten, stolpern über seitenlange Langeweile. Aber diesen kleinen Wermutstropfen schlucke ich gerne.

Poznanski schrieb mit "Fünf" einen sehr anständigen, größtenteils sehr spannenden Thriller und ich würde mich freuen, das Team Kaspary-Wenninger bei einem weiteren Fall begleiten zu dürfen.