Eine WG voller Herz und Sonnenschein und einer ganzen Menge Prosecco

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rosecarie Avatar

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Nachdem Anna ihren Verlobten verloren hat, befindet sie sich seit nun schon sechs Jahren in einem tiefen Loch. Als ihr dann auch noch die Wohnung wegen Eigenbedarfs gekündigt wird, wird ihr vollends der Boden unter den Füßen weggezogen. Tja, versuch mal in München eine erschwingliche Wohnung zu finden, in der man sich wohlfühlen kann. Entgegen ihrer Überzeugung zieht sie also in eine WG, die überwiegend von älteren Semestern bewohnt wird. Was sich erst wie ein notwendiges Übel anfühlt, stellt sich schnell als die beste Entscheidung heraus, die sie hätte treffen können.

Ich lese schon gar nicht mehr die Klappentexte bei Büchern der Autorin. Wenn Barbara Leciejewski was Neues rausbringt, lese ich es, keine Frage, denn es ist immer ein Highlight, jedes einzelne Mal. Und so war es auch dieses Mal - keine Überraschung :D

Diese Geschichte fühlte sich an, wie aus dem Leben. Die Autorin schreibt immer sehr lebensnah und authentisch. Nach dem Motto, „Das Leben schreibt die besten Geschichten“. Daran hält sich die Autorin jedes Mal und es funktioniert. Barbara Leciejewski schafft es immer wieder die liebenswertesten Figuren zum Leben zu erwecken. Wirklich, diese WG voller großartiger Menschen hat mich so berührt. Ich hatte allein wegen ihrer liebevollen herzlichen Art schon Pipi in den Augen. Ich habe mich bei diesen Menschen sofort wohlgefühlt. Ich hätte das Zimmer, ohne zu zögern genommen <3

Nach und nach erwacht die WG durch Anna zu neuem Leben. Man erfährt immer mehr von jedem einzelnen, denn alle haben sie eine Geschichte zu erzählen, die gehört werden will.

Anders als Anna erwartet hat, hat sie viel mit ihren neuen Mitbewohner:innen gemeinsam. Sie teilen alle das Gefühl, jemandem verloren zu haben. Eigentlich wollte Anna gar nicht eine so tiefe Verbindung zu ihren Mitbewohner:innen eingehen, aber der liebevollen und einnehmenden Art jedes und jeder einzelnen kann man sich einfach nicht entziehen. Es hatte etwas Schicksalhaftes.

Ich liebe, liebe, LIEBE den Schreibstil der Autorin <3 Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft ich während des Lesens vor Rührung geweint habe.

Womit ich nicht gerechnet hatte, war die C-Bombe. Für mich war die Corona-Thematik zu früh. Ich wollte eigentlich frühestens in 10 Jahren Bücher oder Filme dazu sehen. Ich bin noch nicht so weit :D

Trotzdem: Das war so schön, weil irgendwie mit dem Einzug in diese WG wurde einfach alles besser, auch wenn die Welt drumherum den Bach runter ging. Hoffnung und schöne Momente und wachsenden Beziehungen und Freundschaften, all das gab es oder gibt es auch während Corona, auch wenn alles irgendwie ätzend war, gab es das alles auch noch. Die vielen schönen Dinge. Das hat man immer wieder mal vergessen und ich find es toll, dass die Autorin mich auf so liebevolle Art und Weise daran erinnert hat. Corona kann hat uns nicht kleingekriegt :)

Die einzige Kritik gilt dem Umgang mit Erkrankungen und Beeinträchtigungen einzelner Figuren. Eine psychische Erkrankung als Wahnsinn zu bezeichnen oder ständig darauf zu verweisen, dass Michel nicht "normal" ist, das war mir wirklich unangenehm. Anna betont auch immer wieder ihren "blinden Nachbarn". Wozu der Zusatz? Wir wissen alle um seine Beeinträchtigung, warum also nicht einfach nur "Nachbar"?

Die Autorin hat trotzdem einen sehr wertschätzenden und akzeptierenden Umgang mit allen Figuren, egal welches Päckchen sie mit sich herumtragen. Ihre Intensionen sind eindeutig, mir hat es nur ein bisschen in der Sprache gefehlt. Ich weiß, das ist meckern auf hohem Niveau und es ändert auch nichts an meiner Liebe zu diesem Buch!

Es ist eine Geschichte über Verlust und Trauer, aber auch über Hoffnung und Neubeginn. Es geht um zerrüttete und heilende Familienbande, aber auch um Vergebung und Liebe. Anna kämpfte sich zurück ins Leben und riss alle anderen mit hinein. Beziehungen heilten, Freundschaften wuchsen und eine alte Liebe wurde neu entdeckt. Ein wirklich traumhaftes Buch. Wie jede Geschichte der Autorin empfehle ich auch dieses Wohlfühlbuch gerne weiter.