Am Ende sterben wir sowieso - oder eben nicht?

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Dieses Buch regt wirklich zum Nachdenken an. Wie immer schafft Maja Lunde es, Personen zu schaffen, die wie aus dem Leben gegriffen sind und deren Geschichten so zu erzählen, dass ich als Leser das Gefühl habe, ich würde mit dem beschriebenen Leben verschmelzen. Dabei stehen alle Charaktere vor der gleichen großen Herausforderung, haben aber doch alle ihre individuellen Probleme damit. Es ist damit schon fast ausgeschlossen, dass sich der Leser NICHT fragt: Wie wäre es bei mir? Was wäre meine Herausforderung bei diesem großen Problem und wie würde ich es angehen? Vielleicht findet sich der ein oder andere genau in einem der gezeigten Charaktere wieder. Viel wahrscheinlicher ist es, dass man von jedem ein bisschen hat.

Das große Problem, das Lunde diesmal in ihrem Buch behandelt ist der Tod. Genauer gesagt, der ausbleibende Tod - der Stillstand der Menschheit. Denn von einem auf den nächsten Tag steht das Leben einfach still und geht doch weiter. Nur verändert sich nichts mehr. Die Menschen sterben nicht mehr, werden nicht älter, werden nicht mehr krank. Das klingt doch eigentlich toll, oder? Nun ja, mir war schon vorher klar, dass diese vermeintliche Utopie auf jeden Fall Schattenseiten hat. Diese werden hier aber in einer Klarheit aufgezeigt, die ich unfassbar fesselnd fand. Durch das ganze Buch zieht sich eine Dringlichkeit, ja quasi die Frage nach dem Sinn des Lebens. Alle Charaktere gehen unterschiedlich damit um, wie sie diesen Stillstand bekämpfen.
Die Anfangsphase wird wohl bei vielen Lesern Erinnerungen an die Anfangszeit der Corona-Pandemie wecken: Eine Gesellschaft, die gegen etwas erst mal unerklärliches ankämpfen will und gar nicht weiß, wie. Eine Gesellschaft, die sich irgendwann auch spaltet, denn da keiner eine Lösung weiß, steigt die Frustration.

Wer das Klima-Quartett von Lunde gelesen hat (Die Geschichte der Bienen etc) weiß, mit welcher Wortgewalt sie schreiben kann und auch hier wurde ich nicht enttäuscht. Das Buch war für mich absolut toll geschrieben und als einzigen Kritikpunkt könnte ich nennen, das das Ende ein wenig zu "kurz" war. Ich fand es allerdings gar nicht schlimm, dass die Frage nach dem "Warum passiert das alles?" gar nicht so im Mittelpunkt stand. Die Herangehensweisen an die neue Realität auf individueller als auch globaler Ebene waren dafür einfach zu gut beschrieben und hatten eher die Bühne. Schließlich ist dies hier ein Buch aus dem Genre Literatur und nicht SciFi, wobei die Grundidee auch in einem SciFi Buch durchaus gut vorkommen könnte.

Letztendlich kann ich nur eine Lese-Empfehlung aussprechen!