Wenn das Leben innehält ...

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regenprinz Avatar

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Ich lese die Bücher von Maja Lunde immer gern, weil sie darin auf ungewöhnliche Weise aktuelle Themen aufgreift und somit inhaltlich stets am Puls der Zeit ist. Auch in ihrem neuen Roman dreht sich die Handlung um ein hochspannendes Gedankenexperiment – was wäre, wenn für die Menschheit plötzlich die Zeit stehenbleibt? Zu einem bestimmten Zeitpunkt hält jede menschliche Entwicklung inne. Entkoppelt von der Natur, die weiterläuft in ihrem Rhythmus von Wachsen, Werden und Vergehen, sind die Menschen zum Stillstand verdammt, es gibt weder Geburten noch Todesfälle und älter wird auch niemand mehr. Ist das positiv oder negativ zu bewerten? Wie gehen einzelne Menschen, abhängig von ihrer Lebenssituation damit um?

Abwechselnd folgt man beim Lesen den Figuren unterschiedlichen Alters, die entsprechend unterschiedliche Interessen, Probleme oder Gedanken mit der Zwangspause verbinden. Mir haben die Passagen rund um Ellen, die in einem Bestattungsunternehmen arbeitet, und der gärtnernde Rentner Otto am besten gefallen, auch wenn ich Ottos Verhalten bzw. seine persönliche Entwicklung am Ende nicht mehr ganz nachvollziehen konnte.

Insgesamt fand ich jedoch alles weitgehend plausibel dargestellt – wie einzelne Figuren reagieren, wie die Politik und die Gesellschaft mit dem Phänomen des Stillstands umgehen, wie Gruppen protestieren oder Erklärungsmodelle wie das Thanatos-Paradigma entwerfen, all das wirkt realitätsnah und durchdacht. Sprachlich gut erzählt ist es sowieso.

Lediglich die Auflösung der Thematik am Ende des Romans schwächelt in meinen Augen. Vielleicht waren diesbezüglich auch meine Erwartungen einfach zu hoch. Aber nachdem der Roman so viele spannende Aspekte zum Thema beleuchtet, die mir vorher gar nicht in den Sinn gekommen wären, und so kluge Fragen zum Sinn unseres Daseins aufwirft, fand ich die Erklärung zur Ursache des Ganzen nicht wirklich überzeugend.