Ein modernes Märchen

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Unglaublich dicht und packend erzählt zieht Takis Würger einen in die Geschichte von Fritzi hinein, einer jungen Mutter, die mit ihrem Säugling in ein Zimmer bei dem verschrobenen Hildebrand zieht, der den Kleinen für die Musik begeistert.
Die Lebensgeschichten, die in dem Roman verwoben werden, sind keineswegs geradlinig, und doch springt einen aus jeder Zeile dieser Leseprobe die pure Lebenslust an. Lust an neuen Erfahrungen, dem dolce far niente sowie neuen kulinarischen wie auch anderen Genüssen zieht Fritzi nach Italien. Ihrem Wehenschmerz und der harten Geburt setzt sie schöne Gedanken und Melodien entgegen und als ihre eigene Mutter sie und das Kind vor die Tür setzt, nimmt sie ihr Leben zupackend selbst in die Hand, auch wenn sie dafür ihre hart erkämpften Studienmöglichkeiten sausen lassen muss.
Dies alles erlebt man als Leser in einer besonderen Mischung aus Distanziertheit einerseits und Nähe andererseits mit. Dadurch, dass die Handlung so schnell voranschreitet und nicht die Widrigkeiten, sondern der kreative Umgang mit ihnen die Seiten füllen, bleibt man in einer etwas distanzierteren, aber dadurch angenehm positiven, heiteren Grundstimmung. Gleichzeitig sind die Beschreibungen so präzise, dass beim Lesen ein Film vor dem inneren Auge abläuft: Immerhin isst Fritzi nicht einfach nur italienisch, sondern Focaccia mit Rosmarin und scharfem Olivenöl, sie probiert nicht einfach die frittierten Zucchini-Blüten, sondern beißt so hinein, dass ihr das Fett am Kinn hinunterläuft, und sie singt nicht einfach irgendwelche bekannten Kinderlieder, sondern "Alle, die mit uns auf Kapernfahrt fahren". Da möchte man unbedingt weiterlesen, auch wenn man kein Mann mit Bart ist.