Fürchtet euch nicht, wir sind nur Mondkälber!

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straßenprinzessin Avatar

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„Das Seltsame ist doch: Wenn etwas Schlimmes einmal geschieht, dann ist es ein Verbrechen. Wenn es täglich passiert, wird es zur Normalität.“ (Seite 115)

Schade, Schade, Schade! Bei diesem Roman wurde ganz viel Potenzial verschenkt.

Der Roman wollte zu viel, war zu wirr, mit allerlei Phrasen und enorm unglaubwürdigen und unsympathischen Figuren.
Wer auf etwas Moral, ein Motiv oder einer klaren Aussage hofft, wird leider enttäuscht, denn die Revolution ist eine total peinliche und Sektenähnliche Studenten(Trottel-)verbindung, mit wirren utopischen Wünschen ohne Lösungsvorschlägen.
Alles in allem wäre das vielleicht ein noch verzeihbarer Minuspunkt, wenn wenigstens jeder von „der Sache“ überzeugt gewesen wäre, doch schon der Protagonist Theo scheitert daran!

Am Anfang mochte ich den etwas skurrilen Musikstudenten Theo mit seiner Schildkröte Panzer sehr. Doch schon als seine neue Bekanntschaft Tofu für ein paar Tage verschwand, ahnte ich, dass die neue Richtung nicht mal Ansatzweise mithalten kann. Und JAAA, genau jenes ist dann auch passiert!
Aida, die große Revolutionärin, ist nicht nur im weiteren Verlauf total unglaubwürdig, sondern MIR auch vom ersten Moment an total unsympathisch. Die Faszination, die Theo verspürt, hängt wohl eher mit dem Aussehen selbiger zusammen, statt mit ihren Reden, Vorstellungen und Träumen. Sektenähnlich lässt er sich das Hirn weichkochen, schmachtet sie an und verehrt SIE, aber sicherlich nicht „die Zukunft“. Die mutigen Revolutionäre sind viel mehr Lemminge einzelner Personen, Speichellecker, die blind Befehle ausführen.
Ohne Leidenschaft, dafür mit ganz viel Drama plätschert die Story dann so vor sich hin und als Leser bedauert man jedes wichtige und aktuelle Thema, welches für diesen Schwachsinn malträtiert wird.

Richtig genervt hat mich, dass das Buch so durchschaubar war. Von Anfang an zweifelt man an der vermeintlichen Revolution, der Twist kommt kindlich dahergekrochen. Ein total unwichtiger Punkt, der mich aber nicht weniger genervt und mich immer wieder zum aufstöhnen gebracht hat, war das Getue um die geheimen Treffen, die in den Uni Kellerräumen bei Nacht stattfanden. Das ganze hätte schon so ein bisschen ein erhobener Mittelfinger sein können a la: Das System nutzen, welches man zerstören möchte, WENN nicht jeder sowieso ganz offiziell Zutritt dazu gehabt hätte! Während Theo sich heimlich in den Musikboxen versteckt (und nebenbei gerne auch mal am Klavier übt) und dann zu den anderen in ihren eigenen Übungsraum schleicht, halten sich andere Studenten ebenfalls um Mitternacht noch ganz OFFIZIELL dort auf. Total albern!
Ebenfalls gestört hat mich, dass niemand Verantwortung übernimmt und auch niemand Konsequenzen tragen muss.
Es gibt keine Entwicklung, Dinge sind eben passiert und weiter im Text.
Die Ansprachen von Aida fand ich eher schlecht und wirr, ziemlich unspektakulär. Was Theo und die anderen daran so inspirierend und unvergesslich, ja fast schon lebensverändernd fanden sollten, bleibt mir leider schleierhaft.
Schade finde ich auch, wie viele unnötige Seiten entstanden sind. Nicht selten hätte auch ein Absatz gereicht, statt immer und immer wieder im selben Kapitel eine halbe oder sogar dreiviertel Seite leer zu lassen.

Warum also trotzdem 3 Sterne?
Zum einen geht ein dicker fetter Pluspunkt an die Figuren Tofu & Goldstein, sowie an die Schildkröte Panzer. Zum anderen lässt sich dieses Buch total schnell weglesen, obwohl es nervt. Ich mochte den Anfang und auch, wie Theo die Kapitel immer beginnt. Er ist es, der die Geschichte erzählt und die 4 Abschnitte beginnen immer mit einer Erkenntnis über das Geschehene, worüber er gleich reden wird. Weiterhin mochte ich, wie er seine Gefühle mit der Musik ausgedrückt hat und dafür musste er oftmals nicht mal spielen. Er hat es geschafft, Klänge mit Worten zu verbinden.

Alles in allem war dieses Buch kein total Ausfall, aber nach MEINEM Geschmack wurde viel zu viel vorhandenes(!) Potenzial verschenkt.