Funkenmord für Klufti-Fans

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philipp.elph Avatar

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„Kluftingers neuer Fall“ ist für Freunde des Allgäuer Kommissars geschrieben. Sie erlesen darin die Lösung eines „Cold Cases“ wie es nicht nur Neudeutsch genannt wird, sondern auch Neu-Allgäuisch.

Kluftinger hatte 1985 zu Beginn seiner Laufbahn bei der Polizei einen mutmaßlichen Mörder zu einem Geständnis bewegt. Der wurde verurteilt, nun ist er tot. Kurz vor dem Tod hatte der als Mörder Verurteilte dem Kommissar das Versprechen abgenommen, den wahren Täter zu überführen, denn er, der Mendler, hätte die Lehrerin damals am Funkensonntag nicht ans Holzkreuz über Altusried gefesselt und sie dort verbrannt. Dem heute recht erfahrenen Ermittler des Kemptener K1 kommen nun Zweifel, ob er den Mendler vor 35 Jahren nicht zum Geständnis gezwungen hat und rollt den Fall neu auf. Wer den alten kauzigen Grantler kennt weiß, dass der ein heller Kopf ist – solange es sich auf dessen kriminalistischen Fähigkeiten bezieht.

So ziehen sich die Arbeiten am „Cold Case“ als roter Faden durch das Buch, mal sichtbar, häufig aber geht der Faden verloren durch Episoden, in denen Kluftingers Privatleben, sein Überfluss an mangelnden Wissen in Alltagsangelegenheiten sowie Schlitzohrigkeiten und Skurrilitäten den Kriminalfall bis zu Verschwinden überdecken.

Statt eines Kriminalromans ist es jedoch mehr eine Sammlung von Possen, die von Volker Klüpfel und Michael Kobr entweder „en bloc“ links und rechts, über oder unter dem roten Faden erzählt werden, oder sich stückweise durch das Buch hindurchziehen.

Die auffallendsten seien hier aufgeführt:

Die Geschichte, in der Kluftinger die Hausarbeit für die migränekranke Ehefrau übernimmt, er die Dreckwäsche sortiert sowie die Waschmaschine bedient
Die Geschichte, wie Kluftinger einen Thermomix ersteht
Die Geschichte, wie Kluftinger seinem nicht geschätzten Arzt Langhammer den erschossenen Wittgenstein ersetzt
Die Geschichte, warum Kluftinger im Kommissariat nun Pantoffeln getragen trägt
Die Geschichte, wie Kluftinger bei einer Begrüßungsrede über Regelarbeitszeit spricht und dabei den Begriff falsch interpretiert
Die Geschichte, wie Kluftinger bei der Besprechung der Taufe seines Enkels auf einen farbigen Pfarrer trifft und mit ihm von einem Missverständnis zum nächsten schliddert
Die Geschichte, wie Kluftinger ein genderneutrales Grußwort für die Weihnachtsausgabe des Mitarbeitermagazins schreiben soll
Die Geschichte, wie Kluftinger zwecks Teambuilding mit den Kollegen versucht, einen Weihnachtsbaum für das Kommissariat zu kaufen
Die Geschichte, in der sich Kluftingers Ehefrau in der örtlichen Flüchtlingshilfe engagiert.

(Liest sich wie die Kapitelüberschriften zu „Till Eulenspiegel“)

Die sind nur einige Geschichten, die hier erzählt werden. Da ist dann noch Kluftis Ernennung zum kommissarischen Polizeipräsidenten, und sein wandelndes Verhalten zur neuen Kollegin, das zunächst geprägt ist durch seine frauenfeindliche Einstellung und den „unpassenden Slang“ der Neuen. Übertroffen werden diese Episoden noch durch die Korrespondenz zum japanischen Vater der Schwiegertochter in „englischer Sprache“ ein Mix aus Kluftis Englischkenntnissen und deutscher Sprache, gewürzt mit Allgäuer Dialekt, die die Klufti-Fans wahrlich zu schenkelklopfenden Genießern dieses, vom Verlag als „Kluftinger-Krimi 11“ bezeichneten Buchs werden lassen.

Fazit: Zefix, das ist doch kein Krimi! Aber amüsant ist es schon.

Habe die Ehre!