Buch des Sommers!

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Zwischen Begehren, Habitus und Identität spannt Kat Eryn Rubik eine Erzählung auf, die es in sich hat. Dabei sind es nicht nur Protagonistinnen und Handlung, die fesseln, sondern auch der gekonnte sprachliche Stil von "Furye". Im Wechsel zwischen zwei zeitlichen Ebenen erfahren wir Stück für Stück mehr das Leben von "Alec", die eigentlich gar nicht Alec heißt.

"Meine Eltern sind gut darin, traurige Wahrheiten in schöne Dinge zu verwandeln, und mein Vater, der sich die Blumen im Geschäft nicht leisten kann, bringt meiner Mutter jeden Freitag einen Strauß mit, den er nach Feierabend am Stadtrand pflückt." (57)

In ihrer Jugend bewegt sie sich in verschiedenen Welten, der Armut auf der einen, und dem Reichtum, zugänglich geworden durch ein Stipendium an einer angesehen Schule. Als Erwachsene, so erfahren wie bereits zu Beginn des Buches, ist ihr der vollständige Übertritt gelungen, doch der Palast scheint leer zu stehen, und sie begibt sich zurück zum Ort ihrer Jugend. Ihre Freundschaften, erste Liebe und die beständige Auseinandersetzung mit ihrem gesellschaftlichen Standpunkt als junge Frau, begehrt und gleichzeitig so machtlos, ergeben ein stimmiges Bild im Zusammenklang mit ihrer Suche nach ihrer Vergangenheit, sich selbst und ihren Wünschen als erwachsene Frau.

"Es fühlte sich an wie ein Sieg. Ein Sieg über sein Verlangen. Meg hatte recht. Ein junger weiblicher Körper war Macht. Mein Körper war Macht. Und ich genoss es, wenn ich über das Verlangen eines Mannes herrschte. Wenn er vor mir kniete, wie Nic, wenn er mir ergeben ins Ohr stöhnte, wie Manù. Mein Körper war der Tempel, und sie verneigten sich bis zum Boden, um Eintritt zu erhalten. Bettelten wie Köter." (91)

Sind es zunächst die Erlebnisse der jungen Alec, die das Bild aus der Zukunft mit Leben füllen, so gelingt eine Überleitung in eine beharrliche steigende Spannung der Ereignisse in der Gegenwart. Rubik gelingt es, weder in zu offensichtliche Gemeinsamkeiten noch zu konstruierte Kontraste zum Aufzeigen der Dis/Kontinuitäten zu verfallen. Die thematischen Fäden zur weiblichen Rolle in der Gesellschaft, Klasse, Familie und Migration (in doppelter Hinsicht) flechten ein stimmiges Bild. Besonders ist hier hervorzuheben, dass nicht vor der Ergründung dunklerer Seiten eines weiblichen Begehrens zurückgeschreckt wird, was einen angenehmen Unterschied zu vielen aktuellen Veröffentlichungen, die sich in Vereinfachungen verlieren, bildet. Wer dabei auf positive Aussichten hofft, sollte sich wappnen: schwierige Zustände lassen sich nicht einfach lösen.