Gala und Salvador – eine unvergleichliche Liebe

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marionhh Avatar

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Als Gala Éluard mit ihrem Mann ins Fischerdörfchen Cadaqués nach Spanien reist, ahnt sie nicht, dass dies ihr Leben grundlegend verändern wird. Als Muse des Dichters hofft sie, dass er seine Schreibblockade überwindet, aber andererseits fühlt sie sich in ihrer eingefahrenen Ehe gefangen. Als sie den zehn Jahre jüngeren Maler Salvador Dalí kennenlernt, ist sie zunächst mäßig begeistert, denn er ist schüchtern, verklemmt, ein Hinterwäldler. Für Dalí hingegen ist es Liebe auf den ersten Blick und er tut alles, um ihr zu gefallen. Das Wunder geschieht: Gala verliebt sich in ihn – der Beginn einer fruchtbaren und intensiven Beziehung voller Leidenschaft und Schaffenskraft.

Großartiger, biografisch gefärbter Roman über das Kennenlernen und die intensiven zwei Anfangsjahre von Dalí und Gala Éluard und der Beginn ihrer sowohl kreativ als auch materiell sehr fruchtbaren Beziehung. Man hat das Gefühl, da haben sich zwei gefunden, die sich perfekt ergänzen, obwohl sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Auf der einen Seite der aufgrund seiner Kindheit und Erziehung verklemmte und konservative Dalí, der irgendwo zwischen Pubertät und Erwachsensein stecken geblieben ist, auf der anderen die weltgewandte, sexuell befreite russischstämmige Lebedame, die das Luxusleben liebt und in der Pariser Künstlerwelt zu Hause ist. Dalí, der nur malen will und dem Geld und materieller und gesellschaftlicher Status nichts bedeuten, findet in Gala aufklärerische Geliebte, fürsorglich-mütterliche Ehefrau, inspirierende Muse und hart verhandelnde Managerin. Mit ihr und durch sie werden Dalí und seine Bilder weltberühmt.

Gala selbst kann man gar nicht genug bewundern. Auf Bildern wirkt sie gar nicht einmal wie eine Filmstarschönheit, aber sie muss immenses Charisma und eine große Sinnlichkeit besessen und auf Männer wie ein Magnet gewirkt haben. Im Buch wird sie als ein zwiespältiger und komplexer Charakter dargestellt, aufgewachsen und geprägt im zaristischen Russland, das sie weitgehend aus ihren Gedanken verbannt hat. Eine Frau, die sich voll und ganz ihren sexuellen Neigungen und dem ausschweifenden Künstlerleben hingibt und die dennoch als Muse und knallharte Geschäftsfrau alles für den kommerziellen Erfolg des Künstlers Dalí tut. Sie gibt für ihn ihr komfortables Leben an der Seite Éluards auf, weil sie spürt, dass Dalí ein von seiner Kunst Besessener ist, anders als bei ihrem Mann, für den sie nur Zeitvertreib zu sein schein – meines Erachtens ein Hauptgrund, warum es sie zu Dalí hinzieht. Dafür nimmt sie aufopferungsvoll in Kauf, von der Hand in den Mund, in einer armseligen Fischerhütte und in Paris in schäbigen Mietwohnungen zu leben, bei potenziellen Mäzenen Klinken zu putzen, ihren Schmuck zu versetzen und in der Welt der Reichen und Schönen unter Geheimhaltung ihrer eigenen prekären Lage Dalís Kunst bekannt zu machen. Mit ihrem Wesen und ihrer Lebensart steht sie außerdem in direktem Gegensatz zur strenggläubigen, konservativem und patriarchalisch dominierten Familie Dalís, vor allem zu seiner Schwester, die Dalí in – so wird angedeutet – nahe inzestuöser Liebe verbunden ist. Gala wird zur verruchten Hexe, die die Familie zerstört und den Sohn in ihrem Sumpf mit hinabzieht.

Formal ist das Buch in drei Teile aufgeteilt, die die Geschichte thematisch unterteilen, auch wenn sie chronologisch erzählt wird. Der erste Teil beendet die Phase des Kennenlernens mit der kurzzeitigen Trennung, Teil zwei erzählt das erneute Zueinanderfinden und der Versuch sich zu etablieren und Teil drei beschreibt den Beginn des Erfolges. Liegt in der ersten Hälfte des Buches der Fokus klar auf Gala und Dalís Liebe, so konzentriert sich das Geschehen mehr und mehr auf Dalís Kunst, bis der Leser zuletzt gar Zeuge bei der Schaffung eines von Dalís Meisterwerken wird. Auch wenn die Autoren im Nachwort zugeben, dass sie die eine oder andere Zeitangabe zugunsten der Geschichte ein wenig angepasst haben, hat man doch stark das Gefühl, wirklichen Begebenheiten beizuwohnen. Gala und Dalí, die uns abstrakt und weit weg erscheinen, werden zu realen Menschen mit Gefühlen, Zweifeln und großen (Zukunfts-)Ängsten. Die Autoren zeichnen nicht nur die Persönlichkeiten Galas und Dalís akkurat nach, sie setzen sie in den Kontext ihrer Herkunft und ihrer Zeit, die sie geprägt haben, sie zeigen auf, wie revolutionär ihre Ansichten, wie zukunftsweisend Dalís Kunst und wie wichtig Galas Rolle bei Dalís Entwicklung waren. Spritzige, aber auch tiefgründige Dialoge und ein ungeheuer eingängiger Erzählstil machen diese Geschichte zu einem ungeheuren Lesevergnügen, das nachhallt und das Lust macht, sich eingehender mit den beiden zu beschäftigen.

Fazit: Diese Geschichte hat alles, was das Herz begehrt, aber vor allem anderen ist sie die einer ganz großen Liebe. Sie ist zugleich lehrreiche Literatur und großartige Unterhaltung. Ein gewisses Interesse an Kunst und der Künstlerszene, an deren Ansichten und an historischen Hintergründen sollte vorhanden sein. Die Autoren schaffen es, uns sowohl den großen Künstler als auch die starke Frau an seiner Seite nahe zu bringen, ohne die er wohl nie geworden wäre, was er ist: einer der größten Maler unserer Zeit.