Galgenmann

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linus63 Avatar

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Aline Kiner präsentiert mit "Galgenmann" ihren ersten Krimi um Kommissar Simon Dreemer, der nach Lothringen strafversetzt wurde. Kaum ist Dreemer dort angekommen, wird er zu seinem ersten Fall gerufen - ein alter Pater hat beim Spazieren die Leiche eines jungen Mädchens entdeckt.

Nach einem äußerst spannenden Prolog brauche ich eine Zeitlang, um in die Geschichte hineinzukommen. Zu Beginn finde ich weder den Zugang zu einer der Personen, noch zum Verbrechen selbst und Spannung lässt auf sich warten. Doch die düstere Atmosphäre, die Aline Kiner mit ihrem ansprechenden Schreibstil und sehr anschaulichen und detaillierten Beschreibungen wunderbar zum Ausdruck bringt, lässt mich in das Geschehen eintauchen. Erst nach knapp 70 Seiten beginnt mich die Geschichte wirklich zu fesseln und zu faszinieren, so dass ich das Buch ab hier in einem Rutsch zu Ende lese, wobei der kalte und dunkle Dezember eine hervorragende Kulisse zu den Ereignissen bildet.

Der Autorin gelingt es, die Atmosphäre lothringischer Dörfer und die Mentalität ihrer Bewohner auf Grund ihrer geschichtlichen und geografischen Vergangenheit einzufangen, anschaulich wiederzugeben und mich daran teilhaben zu lassen. Sie schildert aus unterschiedlichen Perspektiven, ermöglicht mir so den Zugang zu den Gedanken und Gefühlen verschiedener Personen und zeichnet ein umfassendes Bild. Die Figuren bleiben dabei zwar flach, was mich aber nicht weiter stört, da jede für sich lediglich ein für dieses Gebiet typisches Schicksal verkörpert, seien es familiäre Verluste jeglicher Art im zweiten Weltkrieg oder Schicksalsschläge durch den Bergbau. Die Schilderung dieser Ereignisse wird nahtlos in die Aufklärung der Verbrechen eingefügt und bildet die eigentliche Grundlage dieser Geschichte. So hängen die Fortschritte zur Klärung des letztlich recht simplen Falls vom Zugang der Polizisten zu den recht verschlossenen Dorfbewohnern und deren Erinnerungen ab.

Aline Kiners "Galgenmann" ist ein Buch besonderer Art, von dem mir im Rückblick gesehen anstatt Verbrechen oder einzelne Ermittler ein Eindruck dieser Region im Gedächtnis bleibt. Ungewöhnlich und gut!