Rätselhafte Mädchenmorde

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buecherfan.wit Avatar

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In Aline Kliners Debütroman “Galgenmann” tritt Kommissar Simon Dreemer seinen Dienst in Metz an. Er wurde von Paris aus in die Provinz strafversetzt, weil er im Vertrauen auf seine meist richtige Intuition wieder einmal bei einer Vernehmung zu weit gegangen war. Gleich nach seiner Ankunft wird er zusammen mit seiner aus dem Dorf Varange stammenden Kollegin Jeanne Modover auf seinen ersten Fall angesetzt. Die 17jährige Nathalie steckt kopfüber in einer Erdspalte. Ihr Körper ist mit einem seltsam geknoteten Seil umwunden. Gefunden hat sie der Hund des alten Priesters Louis bei einem Spaziergang im Wald bei Varange. Dann passieren eine Reihe von merkwürdigen Dingen. Der Priester entdeckt auf dem Friefhof in der Nähe der Statue des Dieu piteux kleine Holztückchen die zu Buchstaben gelegt sind. In der Nähe befindet sich die Stelle, wo 60 Jahre zuvor, am 24. Dezember 1944, der junge Johann Ziegler wegen angeblicher Kollaboration mit der deutschen Besatzungsmacht gehängt wurde. Jeanne Modover und die Menschen im Ort erinnern sich, dass elf Jahre vorher die ebenfalls 17jährige Alice ebenfalls tot in einer Spalte im Boden gefunden wurde. Ihr Tod wurde wegen einer Kopfverletzung damals allerdings als Unfall eingestuft. Jetzt sieht es so aus, als müsste der alte Fall noch einmal neu aufgerollt werden. Dann wird die 15hährige Odile erst vermisst, später unter ähnlichen Umständen tot aufgefunden. Mit den Hölzchen bildet der unbekannte Täter die Buchstaben des Namens Johann.

Der Fall wird immer rätselhafter. Einerseits deuten viele Zeichen auf die dunklen Geheimnisse des Dorfes in der Vergangenheit und die Wahrheit scheint nun endlich ans Licht zu kommen. Andererseits spielen auch die stillgelegten Bergwerke der Region eine Rolle. Sie gewinnen eine besondere Aktualität auch in der Presse, weil jetzt aus Kostengründen die Pumpen abgestellt werden sollen, die auch nach dem Ende der Eisenerzgewinnung noch das Wasser aus den unterirdischen Wasserläufen abgepumpt hatten. Wenn die Stollen geflutet werden, gibt es gefährliche Tagebrüche, die Häuser stürzen ein, ganze Dörfer verschwinden. Die Menschen der Region, die zum Teil Leben und Gesundheit für die Minen geopfert haben, verlieren dann auch noch ihre Bleibe. Die Fundorte der toten Mädchen scheinen zu suggerieren, dass ihr Tod etwas mit den Minen zu tun hat.

Es gibt viele falsche Fährten in diesem Roman, und die Informationen werden dem Leser nur tröpfchenweise geliefert. Dafür nimmt sich die als Tochter eines Minenarbeiters in einer lothringischen Kleinstadt aufgewachsene Autorin viel Zeit, die historischen und sozialen Gegebenheiten dieser Region darzustellen und schafft eindrucksvolle Charaktere wie Charles Caspar, damaliger Chef der Résistance, Joseph Mayer, Vater der toten Alice und inoffizieller Archivar aller Ereignisse, ein ehemaliges Mitglied der Résistance, das seine Deportation überlebt hat, Elisabeth Messager, die pensionierte Grundschullehrerin, die ihr Geheimnis bis jetzt bewahrt hat, dann plötzlich verschwunden ist und in große Gefahr gerät.

Mir hat dieser Roman gut gefallen. Ich fand ihn spannend und sehr interessant. Und empfehle ihn Lesern, für die nicht nur die oberflächliche Handlung, sondern auch historische und soziale Themen wichtig sind.