Ein ganz normaler Arbeitsalltag...

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laberlili Avatar

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Während ich den Münsteraner "Tatort" liebe, ist der Kölner "Tatort" so ziemlich der einzige "Tatort", den ich wirklich gerne mag; da empfinde ich die Tatsache, dass der Rechtsmediziner von einem "echten" Mediziner dargestellt wird als nettes Extra-Schmankerl und das Erste, was mich an diesem Titel nun reizte, war sicherlich der Autor.
Nach der Leseprobe macht der für mich immer noch den hauptsächlichen Reiz aus; die in der Probe angebotene Geschichte über einen mutmaßlich unschuldig Verurteilten fand ich zwar bereits leidlich interessant, aber allzu sehr berührt hat mich das geschilderte Szenario nun nicht.
Vielleicht bin ich auch ein wenig abgestumpft, weil ich zunächst hauptberuflich und zuletzt immer noch ehrenamtlich im Bereich der Suchthilfe häufig mit "ganz Bösen" zu tun hatte, zu denen der Kontakt erst im Rahmen ihrer Bewährungsauflagen entstanden war.
Ich fand, man merkte dem Stil an, dass für Bausch eigentlich unsägliche, unerträgliche Erzählungen ebenso normal geworden sind wie Übertreibungen und Erfindungen; für mich klang da nun grad immer diese Distanz und auch eine gewisse Skepsis durch, ob man einem Erzählenden da nun glauben können sollte. Diese sich mehr und mehr verselbständigen Geschichten, die wie urbane Legenden ihre Runden unter Inhaftiertem bzw. Psychiatriepatienten drehen, kenne ich aus eigener Erfahrung nur zu gut und weiß, dass es für einen selbst irgendwann ermüdend sein kann, Dinge falsifizieren oder verifizieren zu müssen, die andere Menschen auf Anhieb so schockieren, dass sie sie lieber selbst weit von sich schieben.
Auf Anhieb scheint mir "Gangsterblues" nun ein Buch zu sein, dass komplett Außenstehende entsetzt denken lassen kann, dass die Welt doch nicht so schlecht sein kann, dass das alles doch so kaum möglich sei, während es Diejenigen, die derlei Situationen und Gespräche kennen, eher beruhigt zurückbleiben lässt, dass sie ganz definitiv nicht die Einzigen sind, die sich mitunter ganz plötzlich mit solchen "Erfahrungsberichten" konfrontiert sehen.

Andererseits bin ich mir recht unsicher, ob eine solche authentische Geschichtensammlung nicht einfach nur der Befriedigung eines "Lese-Voyeurismus" dient und hoffe, dass die ganz krassen Begebenheiten hier gar keinen Platz finden (wobei ich Bausch eh ohnehin soviel Professionalität zuspreche, dass er das, was dem ungeschulten Leser ganz unbedingt auf die Psyche schlagen würde, öffentlich verschweigt).