Gewalt gibt es in vielen Formen - Erst ab 16 empfohlen

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biscoteria Avatar

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„Wenn du jung bist, stehen dir alle Türen offen.“ So sagt man es sich und so sagen es einem die Erwachsenen. Doch Chrissy, wird diesen Satz nicht unterschreiben. Die 15-Jährige startet nach den Sommerferien in die 10. Klasse und kann im Augenblick nicht mal sagen, was Morgen sein wird.

Als Tochter einer Medikamentenabhängigen Mutter und eines gewalttätigen Stiefvaters lebt sie in einem Ortsteil, der als sozialschwach gilt und geht auf eine Schule, wo man von den Schülern ohnehin nichts mehr erwartet.

So versucht sie täglich ohne Schläge ins Bett zu kommen und gibt in der Schule ihr Bestes. Unterstützung durch die Familie? Tägliche Beleidigungen, Druck sie solle die Schule doch schmeißen und lieber Geld mitbringen sind natürlich nicht die Förderung eines jungen Mädchens, was locker das Abitur schaffen wird.

So bleibt ihr neben und nach der Schule nur ihr bester Freund T. Bei ihm und seiner Mutter findet er Halt und auch was Warmes zu Essen. Als dann frisch nach den Sommerferien die Möglichkeit auf das beste Internat der Stadt zu wechseln, sagt Chrissy nicht direkt zu. Zu viele Bedenken wegen der schnöden, reichen Möchtegern Kids, welche sie mobben könnten. Doch sie sagt dem zu und gibt sich als „Sozialexperiment“ an die Schule. Dort lernt sie Alex kennen. Ein Schulkamerad, den sie sofort aus der Disco wiedererkennt und sofort als aufregend und heiß empfindet.

Doch wird das passen? Das Mädchen aus armen und recht asozialen Verhältnissen und der reiche Junge mit dem dicken Auto? Und was hält ihr bester Freund T davon, der richtig eifersüchtig wirkt aber warum?

Die Geschichte hat einen sehr guten Einstieg und zeigt die Probleme der Hauptprotagonistin. Christine ist ihr eigentlicher Name, wird aber als solches fast überhaupt nicht angesprochen und daher ist Chrissy der geläufige Name. Das junge Mädchen lebt ständig unter der Angst erneut schwere körperliche Angriffe durch den Stiefvater erleiden zu müssen, da ihre Mutter auf seiner Seite ist.

Wir erfahren, wie es zu der Konstellation kommt, was mit ihrem Erzeuger ist, denn sie nie kennen gelernt hat. Erleben wie sie ihre erste Liebe erlebt und wie sie an der neuen Schule ankommt. Während der Geschichte spürt man, wie sie versucht aus ihrem Käfig auszubrechen, was für eine Minderjährige doch kaum möglich ist.

Viele betonen was für ein großartiges Buch es für eine so junge Autorin ist. Und ja, für eine Autorin, welche das Buch zwischen ihren 15-18 Lebensjahr geschrieben hat, ist die Geschichte nicht schlecht. Leider hat es aber im letzten 2/3 sehr stark an Authentizität nachgelassen und es wird mit Gewalt ein Ende eingebracht, welches bei dem was Chrissy noch alles erlebt, nicht realistisch ist.

Es gibt eine Triggerwarnung, die bereits verrät worum es geht, und diese ist für mich das erste Mal in einem Buch unumgänglich zu erwähnen. Psychische, körperliche und sexuelle Gewalt, die ein Mensch über Jahre erlebt, kann dieser nicht innerhalb kürzester Zeit verarbeiten. Daher muss ich dem Buch leider Sterne abziehen und kann es wegen der heftigen Szenen und starken Nutzung der oben genannten Situationen auch erst ab 16 Jahren empfehlen. Zudem ich auch empfehle, dass Buch im Anschluss mit einem Erwachsenen zu reflektieren. Die Themen sind alles andere als für Jugendliche geeignet und der Umgang nach dem Motto: „Paar Therapiestunden und alle ist vergessen“ darf für mich so nicht im Raum stehen gelassen werden.

Ich wünsche der Autorin, dass sie weiterhin Bücher schreibt. Denn es liest sich schnell und flüssig. Aber die Ausarbeitung der Themen muss reflektierter werden und realistischer. Hier hätte ich mir auch mehr Aufarbeitung durch den Verlag gewünscht.