Tiefgründiger Jugendroman

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liselottchen1 Avatar

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Christine ist 16 und lebt bei ihrer Mutter und deren gewalttätigem Freund. Ihr Halt ist Tjard, ein »Bad Boy« mit Tätowierungen und blauen Haaren, der ihr brüderlicher Beschützer ist, und in dessen Familie sie mehr zu Hause ist, als bei der ihren. Sie möchte aus ihrem Leben etwas machen und ist aus diesem Grund eine ausgezeichnete Schülerin, obwohl sie nur eine Gesamtschule mit schlechtem Ruf besuchen kann. Plötzlich erhält sie die Möglichkeit, im Rahmen eines Sozialprogramms an das renommierte Heinrich Heine Gymnasium zu wechseln, doch sie zögert. Kann sie als Kind aus dem Slum sich in der »Bonzenschule« behaupten? Und offenbar ist auch an diesem »Schüleraustauschprogramm« faul.

Das Erstlingswerk der sehr jungen Autorin hat mich sofort fesseln können. Die Sprache ist bildhaft und man wird ohne Schnörkel hautnah in die Umgebung von Christine geworfen. Die Story lebt durch deren unheimlich starke Persönlichkeit, neben einer schwachen, labilen Mutter, die sich mit Tabletten das Leben schön redet, vor allem ihren gewalttätigen Partner. Freilich werden ein paar Klischees bedient. So beispielsweise die faulen desinteressierten Assi-Schüler im Gegensatz zu den reichen arroganten Schülern oder die hochnäsige Direktorin, die Dreck am Stecken hat. Dennoch ist die Story gut aufgebaut, besticht durch einen jugendlich lockeren Schreibstil und auch der Spannungsbogen wird hochgehalten. Christines Stiefvater Marcel lauert während der gesamten Geschiche wie ein schwarzer Schatten im Hintergrund, das fand ich richtig gut und bedrückend. (Die Lederjacke hing nicht am Haken.) Nach der Vorgeschichte hätte es die Eskalation am Schluss für mich nicht gebraucht und ich habe mich gefragt, ob Christine dem nicht ausweichen hätte können. Das Verhalten der Mutter war für mich wie ein Guss mit Eiswasser. Die zahlreichen Nebenfiguren, der Beschützer-Freund Tjard, dessen Mutter Sonia und natürlich die süß aufgebaute Liebesgeschichte bilden einen ausgefeilten Rahmen für die tiefgehende Story.
Das Ende driftet ein wenig ins märchenhafte – aber warum nicht? Unter dem Strich eine tolle Geschichte für Jugendliche und ein beachtenswertes Debüt.