Anti-Urlaubslektüre

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jumo Avatar

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Dieses Buch vertreibt Fernweh und zwar nicht auf die romantische Art und Weise, bei der man sich an exotische Orte in exotische Geschichten träumt. Sondern auf die Art und Weise, die zwingt, hinzusehen. Dort hinzusehen, wo es weh tut: in die Leben von mexikanischen Mädchen und Frauen. Der Roman basiert auf Interviews die Jennifer Clement mit vom Drogenkrieg betroffenen Frauen und Mädchen führte: „jemand hat ein Netz über dieses Land geworfen und wir sind hineingefallen.“
Keine Verschnaufpause für die Leserin, kein Schutz, kein Ort nirgends für die Protagonistin.
Das Buch ist gut und wichtig, aber schwer zu greifen: die ich-Erzählerin bleibt undeutlich. Ihre Gefühle sind Schatten auf den Seiten, vielleicht weil man nicht darüber sprechen kann, was passiert. Das Buch erzählt und erzählt, aber ohne dass der Funke überspringt. Man ist bewegt von der Brutalität und der Angst, aber nicht wirklich. Ich werde das Gefühl nicht los, dass dieses Buch durch seinen Stil an Kraft verliert. Und dann aber auch wieder nicht. Gebete für die Vermissten ist eine Warnung: wenn du in Acapulco auf deiner Hotelliege lümmelst und jemand reicht dir ein Getränk mit Schirmchen, dann vergiss nicht, was in deinem Rücken, einige Kilometer vor der Stadt, auf dem mit Blut und Milch besprenkelten Highway, passiert